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[ Band 3 Brief 156: Caroline an Humboldt Rom, 17. Januar 1810 ]
156. Caroline an Humboldt Rom, 17. Januar 1810 Allerteuerstes Herz! Ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr mich Deine beiden letzten Briefe vom 16. und 20. Dezember erfreut haben, und wie ich mit Dir in Burgörner, Auleben und Erfurt unsre schöne Jugendzeit wieder gelebt habe. Ohne Dich, mein teurer Wilhelm, wären mir die Orte alle sehr dunkel, mit Ausnahme Burgörners, wo Carls zarte Liebe und Wohlwollen einen lichten Schein über mein Leben verbreitete. Eigentlich war doch mein Leben sehr leer und ennuyant. Es schaudert mich noch jetzt mannig- mal, wenn ich an die nächsten heterogenen Gestalten, namentlich Madame Dessault *), denke. Das Bild **) war rein bizarr, Papa noch der beste, aber doch so freudearm im Innern seiner Natur. Doch hätte ich ihn gar gern noch einmal wiedergesehen. Was Du mir bei Gelegenheit der Madame Kunth ***) sagst, hat mich außerordentlich gerührt. Wirklich ist das einzig in Dir, wie tief Du in die Eigentümlichkeit anderer Naturen, anderer Ver- hältnisse einzugehn vermagst. Ich sehe jetzt viel den ehemaligen Mann †) und überzeuge mich mehr und mehr, daß er die Frau gewiß noch leidenschaftlich liebt. Er sagte mir letztens ein Sonett, das mich so ergriff, daß mir die Tränen in die Augen kamen. Er wurde dadurch so bewegt, daß er mit großer Heftigkeit sagte: »Es ist die Geschichte meines Lebens.« Die Herz ††) ist also wieder in Berlin? Ich glaubte, sie sei in Rügen. Die Niemeyers! †††) Welche Gestalten der Vorwelt führst Du mir herauf! Die arme kleine Frau war niemals hübsch, nicht wie sie 18 Jahr alt war, was kann sie jetzt sein. Er, dafür stehe ——— *) Vgl. S. 35. — **) Carolinens Bruder. — ***) Vgl. S. 82. †) Zacharias Werner, vgl. S. 60. —— ††) Vgl. S. 46. — †††) Vgl. S. 314. 319