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[   Band 3 Brief 156:    Caroline an Humboldt     Rom, 17. Januar 1810   ]


ich, hält noch immer den Kopf ebenso gerade und predigt. Er hat
mich mannigmal rasend ennuyiert, aber in dem erschrecklichen Ennui
bei Papa war ich zu glücklich, wenn nur eine andere Gestalt als
die alten Perrücken sich mannigmal blicken ließ. Ich bat einmal
Niemeyer nach Tische, abends, wir aßen ja immer um 7 Uhr, mit
mir spazieren zu gehn. Er tat es, ich konnte aber gar nicht be-
greifen, warum er sich so ängstigte und nach Hause trieb. Wir
waren bloß, versteht sich, im Garten. Jahrelang nachher habe ich
erst eingesehen, daß er gewiß für seine Predigertugend und seinen
Ruf in Angst war, das ist mir immer sehr pläsant vorgekommen.
Adieu, geliebtes Herz.


157. Humboldt an Caroline                 Weimar, 20. Januar 1810

Ich bin wieder zwei Tage hier gewesen, liebe Li, und
habe diesmal bei Carolinen gewohnt aber Goethen
immer einen vollen halben Tag bei ihm gesehen.
In Erfurt habe ich noch alles gehörig abgemacht. Das bare Geld
und Münzkabinett habe ich bei mir, das Silber erhält, so eingepackt,
daß es ohne Umpackung verschickt werden kann, der Pfarrer Rein-
hard, um es in ein feuerfestes Gewölbe, worüber er disponieren
kann, zu stellen. Die Wäsche steht eingepackt und versiegelt in
großen Kuffern im Hause, um auf jeden Wink von mir abgesandt
zu werden. Dunker und Zimmermann haben jetzt nicht mehr zu tun,
als die Bibliothek und die Akten einzupacken und an Dominikus *)
zu übergeben, und die anderen unbedeutenden Sachen, Meublen,

———
*) Professor. Vgl. Bd. I, S. 236.

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