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[ Band 4 Brief 205: Caroline an Humboldt Berlin, 7. November 1814 ]
nur eine Stimme. Gar kein Bedauern des Königs, nur eine Furcht, daß Preußen die dortige Verfassung ändere. Sachsens Nationalität kann, dünkt mich, bestehen wie z. B. Ungarns Nationalität zu der österreichischen seit so vielen Jahren besteht. Alles wird darauf an- kommen, wie Preußen sich in Sachsen beträgt, und seine Politik muß durchaus sein, die Lasten des Landes womöglich zu erleichtern, seine Verfassung zu ehren, und die Veränderungen, die nicht zu umgehen sind, auf die sanfteste und gerechteste Weise vorzunehmen. Man sieht hier in der Wahl des Ministers von Reck [als Bevollmächtigter in der Verwaltung Sachsens], der beinah kindisch sein soll, die Garantie, daß dort nichts vorderhand verändert oder durchgesetzt werden soll. Der Wunsch nach repräsentativen Formen scheint allgemein in Deutschland zu sein, und wenn nach beendigtem Kongreß Preußen in Deutschland mit diesem Beispiel voranginge (der Trieb des menschlichen Wollens ist es unstreitig), so würde es im Frieden das Höchste erreicht haben, wie es im Kriege das Höchste erreichte. Uhden *) ist auch bei mir gewesen. Von seinen römischen Wünschen hat er mir nicht gesprochen, nur von seiner Sehnsucht im allgemeinen. Uhden ist hier für einen dezidierten Freund aller Napoleonischen Einrichtungen bekannt, Madame Uhden hingegen soll sehr deutsch gesinnt sein. Uhden soll noch immer im Laufe des vorigen Krieges behauptet haben, es sei ganz unnütz, sich gegen Napoleon zu stemmen, da eine höhere Hand ihn hielte. Apropos, der Hubern **) ihre Tochter ***) hat sich von ihrem jungen vor sechs oder acht Monaten erheirateten Mann wieder scheiden lassen, weil sich beide nicht über die deutschen und französischen Gesinnungen vertragen konnten. ——— *) Vgl. S. 15. **) Vgl. S. 392. ***) Luise Huber, geb. 1795, war 1813 mit Emil v. Herder vermählt, 1814 geschieden, und heiratete ihn 1822 wieder. 404