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[ Band 4 Brief 43: Humboldt an Caroline Prag, 31. Julius 1813 ]
hat eigentlich kein Gleichgewicht in sich, er ist schwach in der Wirklichkeit, und dann gilt das Idealische nur im Moment der Begeisterung und durchdringt nicht jeden Moment des bloßen einfachen Lebens. Da er sich nicht anschließt, können es auch andere nicht, und so nötigt ihn gerade die Unfähigkeit, recht allein zu stehen, allein zu bleiben. Sein Schreiber, viel weniger als Riemer, aber doch so in dieser Art, ist krank in Karlsbad zurückgeblieben, wohin aber Goethe auch kommen wird. Die Recke geht — sie kommt aus Karlsbad — nach Nachod, wo ihr die Sagan ein Schloßzimmer einräumt. Sie will dort fürs erste bleiben. Es ist kein beneidenswürdiger Aufenthalt. Tiedge *) ist bei ihr, wie immer. Sie verläßt Prag morgen schon wieder und ißt heute mit uns bei Metternich. Sie grüßt Dich tausendmal. Sie hat sich gar nicht verändert und ist wirklich über Zeit und Ewigkeit hinaus. Der Herzog von Vicenza **) hat gestern Visite gemacht. Wir waren heut wieder da, alles in unsichtbarer Gravität. Unser erster Notenwechsel ist auch geschehen. Sie scheinen aber alles erst ihrem Hof zu schicken, so kann wenigstens nicht viel bis zum 10. geschehen. Der Kaiser wird erst am 5. zurückerwartet. Bis dahin zweifle ich, daß etwas mehr als ein unnützes Geschreibe geschehen wird. Hernach werden einige Dinge wie Bomben kommen, und dann wird das Feuerwerk zu Ende sein. Über den 10. dauert die Unentschiedenheit nicht. In Hedemanns ***) Brief wirst Du einiges über Theodor finden. Es ist merkwürdig, wie gut Hedemann schreibt, so der reine Abdruck eines einfach edlen Gemüts. Über die Waffenstillstandsverlängerung hat er Unrecht, sich zu entrüsten. Es muß nach dem ersten Krieg eigent- ——— *) Vgl. S. 6. **) Caulaincourt. Vgl. S. 52. ***) August v. Hedemann, geb. 1785, † 1859, Adjutant des Prinzen Wilhelm, später Schwiegersohn Humboldts. 85