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[ Band 3 Brief 205: Caroline an Humboldt Rom, 4. Juli 1810 ]
Ich bin über alles auf die Entwickelung begierig. Ich bin mit allem zufrieden. Ich liebe Dich in Berlin, in Wien, in Rom; wenn ich mit Dir und den Kindern bin und sie physisch und moralisch gedeihen, bin ich glücklich. Das Privatleben hat seine Reize, die ich wohl kenne, und die Du mehr wie irgend ein anderer wert bist zu genießen, allein der Moment ist schwer, man erwartet viel von Dir, und Du bist auch wieder ganz gemacht, jede Erwartung in der Ausübung äußerer Tätigkeit zu befriedigen. Ob die Professoren es durchsetzen werden? Ich kann mir ihr Zetergeschrei denken. Ich kann mir nicht anders denken, als daß Du einen unabhängigeren und freieren Wirkungskreis in Berlin bekommst, oder die Stelle, die Dir der König auf Harden- bergs Vorschlag in Wien bestimmt. Und Hardenberg hat mit Dir weitere Pläne, das sehe ich wohl ein. Du fragst so lieb nach Wilhelms und Gustavs Grab. Es steht da hohes Gras und eine Menge Purpurrosen. Die Bäume sind unglaublich in die Höhe geschossen, Wilhelms Pinie strebt zum Himmel, wie er selbst aufwärts strebte. Bald, ach Gott, ist wieder sein Todestag! Vorgestern war Luisens Geburtstag — Ach die Schmerzen Stet im Herzen Schwimmen nicht im Strome (der Zeit) fort. — Wird man sie wiedersehn, wird man nicht? Kann das so Nahe, so Verwandte einem je fremd werden? O wie dunkel ist doch alle Zukunft, die nahe und die ferne, der morgende Tag und die fernen Jahre! — Ich gehe sehr viel mit Werner *) und mit Schlosser **) um. Wir genießen Rom und begegnen uns in der unwandelbar ewigen Empfindung seiner Größe. ——— *) Vgl. S. 60. —— **) Vgl. 146. 429