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[   Band 3 Brief 161:    Humboldt an Caroline    Berlin, 6. Februar 1810   ]


161. Humboldt an Caroline   Berlin, 6. Februar 1810

Ich habe seit neulich keine Briefe von Dir. Ich vermute
Dich auf Deiner Abreise nach Neapel, sie wird Dir doch
traurig sein, weil sie zugleich ein Verlassen des ganzen
Aufenthaltes in Rom ist. Ich besehe auch sehr viele Quartiere
hier für Dich, und so schickt sich ja alles hier und dort zu unserer
Wiedervereinigung an. Wie ich mich darauf freue, wie ich schon
anfange, nur in dieser Hoffnung zu leben, kann ich Dir nicht
sagen. Es ist mir oft, wenn ich mir die lieben Züge Deines Ge-
sichts bei mir selbst zurückrufe, als könnte ich den Moment nicht
erwarten, wo ich wieder vor Dir stehen werde. Nur, daß wir
uns hier wiedersehen! Hier im Sand und in der Öde, unter grauem
Himmel, das ist schrecklich und furchtbar zumal für Dich. Indes
spukt es noch immer mit Italien, und noch heute mittag habe ich
einen neuen und eigenen Beweis davon gehabt. Ich aß mit Goltz *)
bei Prinz Ferdinand **) und saß neben ihm. Auf einmal fragte er
mich, ob ich noch Wert darauf setze, daß der Posten in Italien
nicht ohne mich vergeben würde? Ich antwortete: den größesten.
Er fragte weiter: wie ich aber dies mit meinem jetzigen Posten
kombiniere? Ich sagte ihm darauf gerade heraus, ich sähe meine
jetzige Lage für höchst ungewiß und prekär an und liebte über-
haupt jene mehr. Doch, setzte ich hinzu, würde die Möglichkeit
und gar Notwendigkeit, einen Gesandten nach Italien zu schicken,
sobald nicht eintreten. Er erwiderte darauf: das glaube er nicht,
vielmehr werde der König von Neapel vermutlich bald jemanden
hierher senden, und dann müsse unser König seinerseits notwendig
auch Schritte tun. Hierauf habe ich ihm nun zuletzt gesagt: das
Erste, was entschieden werden müsse, sei doch immer, ob eine Stelle
in Italien neu gebildet würde. Sobald dies sei, möge er mich be-

———
*) Vgl. S. 17. — **) Vgl. S. 81.

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