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[ Band 3 Brief 10: Humboldt an Caroline Erfurt, den 12. November 1808 ]
Lehrmeister im Hause hat, so kann ich sie ihm unten ins Eßzimmer kommen lassen. Über unser künftiges Schicksal wird Dir Papa aus einem Gespräch mit Goltz *) traurige Dinge geschrieben haben. Wie er mir gleich gestern abend erzählt hat, hat Goltz ganz geradehin gesagt, daß die Mission in Rom unterdrückt, und ich zurückgerufen werden sollte. Du kannst denken, wie das auf mich gewirkt hat. Ich fühle, daß ich in einer Krise bin, von der Dein Glück, damit meine Zufriedenheit und das Wohl der Kinder abhängt. Die Fälle, zu denen es kommen kann, wären die vier: ein un- abhängiger Posten in Berlin, der angetragene abhängige, unsere alte Lage in Rom mit verringertem oder gar ohne Gehalt. Meinst Du, daß ich mich auch auf Verzichtleistung alles Gehalts einlassen soll? Wir hätten dann sehr wenig, solange Papa lebt und müßten uns sehr, sehr einschränken. Aber wir hätten die sieben Hügel, die Pyramide und alles was wir lieben. Das Schwierigste wird sein, die Ehre zu retten, d. h. die Meinung zu entfernen, daß ich keinen tätigen Posten haben wolle und gegen das Wohl des Vaterlands gleichgültig sei. Das ist der schlimmste Punkt in Wahrheit und dem Schein nach, denn das bloße Deprezieren, daß ich dem angetragenen Posten nicht gewachsen sei, wird man für Verstellung oder affektierte Bescheidenheit halten. Wie ruhig wären wir ohne den leidigen Krieg geblieben! Es ist fürchterlich und schmerzlich, sich jetzt so durchschlagen zu müssen. Noch eins, liebe Li. Sage ja niemand von Goltz’s Äußerung und nimm ja kein Arrangement, als bliebst Du nur noch kurz, z. B. bis zum Herbst in Rom. Denn wie die Sachen auch kommen mögen, so muß ich Dich, wie schmerzlich auch unsere Trennung ist, bitten, noch zu bleiben. Einer Lage in Berlin, wenn es zu dieser Extremität ——— *) Graf v. der Goltz, geb. 1765, † 1832, preußischer Minister, hatte als preußischer Bevollmächtigter dem Kongreß von Erfurt 1808 beigewohnt. 17