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[ Band 2 Brief 76: Humboldt an Caroline Rom, 6. Junius 1804 ]
Ich lerne auch immer mehr und mehr, daß die Sterne hier wirklich ein ganz anderes Licht haben als bei uns. Die Milch- straße hat mich noch gestern durch ihre unendliche Helligkeit über- rascht. Auch die Planeten stehen jetzt wunderschön. Venus ist wie ein kleiner Mond, und Jupiter ist wieder wie zur Zeit unsrer Heirat, unfern des Löwen, nur einige Grade weit vorgerückt. Erinnerst Du Dich wohl der Allee im Garten Colonnas, die das eiserne Tor nach Monte Cavallo zu hat? Es ist eine Art steinerner Bank dabei, und ich setze mich da fast alle Abend ein wenig hin. Die Allee, die so ins Blaue geht, hat etwas sehr Romantisches. Es ist mir oft eingefallen, daß in Deutschland da gewiß viel Rendez- vous gewesen wären, der Ort ist wie gemacht dazu. Uhdens *) Geschwätz in Berlin legst Du ganz richtig aus. Rehfues, **) der davon besser unterrichtet sein müßte und mich sehr beschützt, schreibt mir noch vor 14 Tagen und sagt nichts, er bittet mich nur, wenn dans la suite (das hat er unterstrichen) man mir gute Anerbietungen machte, sie nicht auszuschlagen. Der einzige mögliche Fall wäre also, daß Uhden etwas mit Beyme ***) abkartete und man mir gar einen Posten im Lande antrüge. Aber das ist Beymes Idee, wie ich genau weiß, nicht, und dann wird man es doch nicht tun, ohne mich zu fragen. Nach mir mag Uhden in Gottes Namen sein Kegelspiel hier wieder eröffnen; après moi le déluge. Aber noch bin ich hier, und so leicht gehe ich nicht. Die einzige Hoffnung, die Uhden haben kann, wäre, daß den Kindern doch hier die Luft nicht bekäme, oder daß wir beide eigentlich nicht gern in unser Schicksal eingreifen, sondern beide viel vom Gehnlassen halten, ich auch manchmal vom Neuen. Nur Rom finden wir nie wieder. Zoëga hat mich neulich in eine neue Villa geführt, die ich ——— *) Vgl. S. 167 f. — **) Vgl. S. 176. — ***) Kabinettsrat, später preußischer Justizminister. 180