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[ Band 2 Brief 76: Humboldt an Caroline Rom, 6. Junius 1804 ]
noch nicht kannte, die Villa Mandosi, wo ein tiefes Tal ist, das viele für einen Zirkus halten. Sie ist äußerst hübsch, ich habe mich die ganze Zeit geärgert, daß Du nie dagewesen warst. Es ist auch ein sehr pittoresker Venustempel darin; sie ist fast der Villa Ludovisi gegenüber. Suche doch in Paris Visconti *) auf und sage ihm, daß ich seinen Bruder, den Buchhändler, hier oft sehe und viel mit ihm zu tun habe. Nun eine große Neuigkeit, liebe Seele. Alexander hat ge- schrieben, er ist unterwegs, hat aber seine Reisepläne geändert und kommt, wie er schreibt, im Junius in Paris an. Sollte es auch August werden, so bist Du ja noch da. Von da will er nach Rom gehn und den Winter bei uns bleiben. Kommt das nicht wie ge- rufen? Er reist nun mit Dir und Kohlrausch zurück. Du mußt ihn ja, denn verspäten wird er sich gewiß, und auch dann in Paris einige Zeit bleiben wollen, abwarten. Überhaupt, liebe Li, habe ich schon manchmal bei mir bedacht: Eile nicht zu sehr von Paris fort! Die Reise ist immer das Schwierigste, Ermüdendste und auch Kost- barste, die hast Du nun einmal gemacht. Genieße jetzt Paris. Der Prinz sagte die letzten Tage hier, als er einmal weitläuftig darüber sprach oder vielmehr hustete und räusperte, wenn er in Deiner Lage wäre, er bliebe ein ganzes Jahr in Paris. Ich dachte bei mir, freilich, wenn die gute Li sich so wenig aus mir und den kleinen Mädchen machte wie er aus seinen Verwandten in Deutschland. Aber im Ernst, einige Weisheit ist darin, Du verlierst viel Zeit mit Deinen Wochen, und genießen mußt Du schlechterdings Paris. Also etwas länger als Du gewollt hast bleibe immer. An Kohlrausch wirst Du darin einen Widersacher haben. Er hat eine empfindsame ——— *) Römischer Archäolog, seit 1799 in Paris Aufseher der Sammlungen des Louvre und Professor der Altertümer. Sein Bruder in Rom gab als Fortsetzung des von seinem Vater begonnenen »Museo Pio Clementino« das »Museo Chiaramonti« heraus. 181