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[ Band 7 Brief 151: Humboldt an Caroline Jena, 17. Dezember 1826 ]
oft recht heiter gefunden. Sie hat zwar seit dem Unglück nichts selbst gearbeitet, zweifelt aber doch nicht, wieder dazu zu kommen, und lebt mit ihrer gewöhnlichen Regsamkeit mit den interessantesten Menschen hier und den neusten Produkten. Gestern abend waren wir allein, aber heute mittag aß der Hofrat Kiefer mit seiner Frau bei ihr und heute abend kommen der Präsident Ziegesar, der Pro- fessor Hand *) und der Professor Scheidler her. Du siehst, liebes Kind, daß wir auch unser 8—10 haben **). Kiefer ist ihr Arzt, und hat eine Tochter Reils zur Frau. Er ehrt und liebt den Magnetismus und hat darüber geschrieben. Er nennt ihn aber den Tellurismus, von Tellus, die Erde, weil er der Erde die magnetische Kraft zuschreibt. Der Mond ist nichts als die an ihren Magnetiseur, die Erde, gekettete Somnambule. Du solltest das Buch zu bekommen suchen, es muß viel Hübsches darin sein. Vom Magnetismus hört man auch sonst hier viel. Der Präsident Ziegesar hat seine nun verstorbene Mutter lange selbst magnetisiert. Sie hatte so wunderbare Krämpfe, daß sie darin weder sehen noch hören noch sprechen konnte, allein das Gefühl in den Fingerspitzen verfeinerte sich dann so, daß sie mit Bleistift Geschriebenes las, indem sie mit den Fingerspitzen darüber hinfuhr. Man hat ihr dabei oft zu mehrerer Sicherheit noch die Augen verbunden. Der Professor Hand ist zwar eigentlich ein Philologe, aber zugleich ein sehr vielseitig und interessant gebildeter Mann. Er hat seit den letzten sechs bis sieben Jahren den beiden Prinzessinnen Marie und Augusta ***) Unterricht gegeben und wohl am meisten auf ihre wissenschaftliche Bildung gewirkt. Er war auch mit der Groß- fürstin und den Prinzessinnen in Petersburg. Er sagt sehr viel Gutes von beiden, aber von der Augusta kann er nicht genug be- ——— *) Ferd. Gotthilf Hand, Professor in Jena. **) Frau v. Humboldts Empfangsstunde. ***) Vgl. S. 181. 288