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[   Band 7 Brief 151:    Humboldt an Caroline    Jena, 17. Dezember 1826   ]


151. Humboldt an Caroline                   Jena, 17. Dezember 1826

Ich bin seit gestern nachmittag hier, teure Li, und habe
schon unendlich viel mit Carolinen von Dir gesprochen.
Sie umarmt Dich und Carolinen tausendmal in Gedanken,
und auch Emilie *), die mir sehr wohl gefällt, grüßt Euch sehr. Der
Weg von Naumburg bis Camburg war sehr schlecht. Ich hatte
zwar vier Pferde, der Lamprecht, der die Post in Naumburg hat
und einmal in Berlin bei uns aß, hatte mir einen besonders guten
Postillon gegeben, war selber nach der Pforta zu meiner Abreise
gekommen und ermahnte ihn noch zur Vorsicht; aber doch hätte
ich unstreitig den Wagen gebrochen, wenn ich einen gewöhnlichen
und nicht den grünen gehabt hätte. Ganze Viertelmeilen ging es
in tiefen Hohlwegen, die für den Wagen so enge waren, daß er
bald gegen die eine, bald gegen die andere Wand fiel, fort. Ich
bin aber ohne allen Anstoß angekommen, und es hat sich bei der
Besichtigung gefunden, daß auch nicht das Mindeste am Wagen
zu machen ist.
Caroline wohnt unmittelbar vor dem Tor, wo man nach
Dornburg fährt, und ich fand ihren Bedienten am Tor. Sie wollte
mir eben entgegenfahren. Ich stieg gleich aus, um zu ihr zu gehen,
und ließ Grimmen nach dem Gasthof fahren. Das Haus, wo
Caroline wohnt, ist aber recht hübsch, weil man die Aussicht auf
alle Berge hat. Aber Treppe und Eingang sind hier wie überall.
Die Baukunst ist in den ersten Anfängen. Das Ameublement
aber ist ganz hübsch, recht schöne Abdrücke der Rafaelschen Stanzen
machen einen gefälligen Schmuck der sonst freilich nicht sonderlichen
Tapete. Caroline habe ich zwar ganz erfüllt mit dem Gedanken
an Adolf **), aber wie Du mir schon sagtest, gefaßt, und doch auch

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*) v. Schiller, vgl. S. 175.
**) Carolinens einziger Sohn, geb. 1795, † 1825.

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