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[ Band 7 Brief 97: Humboldt an Caroline Weimar, 17. November 1823 ]
Fürsten geschickt war und er sie wieder haben wollte. Die Ilgen aber hat sie tapfer verteidigt, und nach vielem Hin- und Herschicken entdeckte es sich, daß sie zu einem Geschenk an den Schulrat Hof- meier in Merseburg bestimmt war, der Ilgens Feind ist. Ilgens fanden die Schnepfe himmlisch und aßen eigentlich in ihr den ge- schlagenen Feind mit. Mir, weiß ich nicht, schmeckte sie gar nicht, und ich bin für den Augenblick ganz desenchantiert von Schnepfen. Mit dem aimable sein geht es hier sehr scharf her. Gestern bin ich von 9 Uhr morgens bis nach 11 abends ununter- brochen nicht herausgekommen. Von 9 bis 3 hat mich der Groß- herzog in dem Wetter in offener Droschke mit sich herumfahren lassen. Von der Kälte litt ich, gut angezogen, nicht, und sage nur Rusten, daß, wenn er es mir für schädlich hält, daß ich am Ofen sitze, ich von hier wie ein Herkules zurückkommen muß. Wir waren zuerst im Jägerhaus wieder, wo die neue Galerie eingerichtet wird, und zugleich machten wir einen Besuch bei Mlle. Seidler. Dort fanden wir, was verabredet schien, die Jagemann. Ich machte ihr Komplimente über ihr Spiel und sie war sehr artig. Ich merkte gleich, daß das zu was führen sollte. Von da fuhren wir nach Belvedere und besahen die Treibhäuser, die wirklich prachtvoll sind. Schönheit der Häuser, Reichtum der Pflanzen, Pracht der Exemplare, alles vereinigt sich. Ich sah auch da zum erstenmal in meinem Leben Cochenillewürmer auf ihren Pflanzen. Dann besuchten wir einige Häuser im Park, wo einige Bilder sind. Um 3 mußte ich mich schnell umkleiden und an Hof zur Tafel fahren. Nach Tisch besuchte ich Carolinen und Goethe, zwischen 6 und 7 fuhr ich zu den Kindern der Großfürstin, was sie mich ausdrücklich gebeten hatte zu tun. Die Prinzessinnen *) ——— *) Marie, geb. 1808, † 1877, vermählt 1827 mit Prinz Karl von Preußen. Augusta, geb. 1811, † 1890, vermählt 1829 mit Prinz Wilhelm von Preußen, nachmaligem Deutschen Kaiser. 181