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[ Band 7 Brief 6: Humboldt an Caroline Tegel, 26. Mai 1820 ]
gepflanzte Allee sehen sollen. Die Gipfel verschlangen sich so, daß man gar nicht mehr wußte, welchem Stamm jeder angehörte. Das Leben geht übrigens ganz ruhig fort, nur daß ich viel mehr in der Luft bin. Nur in meiner Stube dulde ich gar keine Gemeinschaft mit ihr, daher ich denn auch einsam wohne, wie Tiber, ohne je eine Fliege oder eine Mücke summen zu hören. Ich sehe jetzt recht, daß gewisse Gegenden immer gleiche Schicksale haben. Vor vierzig Jahren schlug Tante König sich alle Abende mit den Mücken herum und sprach den Morgen von der Bataille. Jetzt macht es Adelheid in derselben Stube ebenso. Wir trinken immer Tee den Abend in dieser, frühstücken in der blauen und essen im Saal. So suchen wir uns über das ganze Haus auszu- breiten. Die Valetaille arbeitet und amüsiert sich. Sonntag habe ich die beiden Mädchen mit Vieren, von Grimm begleitet, spazieren fahren lassen, nach Heiligensee in die Kirche; am andern Morgen standen sie am Waschfaß. So werden sie die Schicksalsleiter auf und ab geführt. Ilgen *) habe ich am 24. gesehen. Ich hatte ihn zu mir be- stellt. Seine Versetzung nach Berlin ist zwar noch nicht ganz ent- schieden, weil er noch nicht sich erklärt hat, aber sie ist eigentlich gewiß. Denn er will es, und Altenstein **), so unglaublich es klingt, will es auch. Da ist kein Halten. Ich habe ihm nur den Rat gegeben, nun auch mehr Gehalt und auf jeden Fall eine Pension für die Frau zu fordern. Ich habe, ohne alle Über- treibung, wieder einen ganz gedrängten Auszug, in dem aber einige Episoden ihre völlige Ausführung hatten, vom Butterkrebs hören müssen, obgleich er anfing: »Die Geschichte, mit der ich Sie schon ——— *) Karl David Ilgen, geb. 1764, † 1834, Rektor der Schulpforta. Vgl. Bd. VI, S. 563 ff. **) Karl Freiherr vom Stein zum Altenstein, geb. 1770, † 1840, Minister. 12