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[ Band 7 Brief 6: Humboldt an Caroline Tegel, 26. Mai 1820 ]
Ich war denn vorgestern bei Prinzeß Luise zum Geburtstag. Adelheid und August auch. Die Prinzessin nahm es sehr hoch auf, daß ich vom Lande in die Stadt gekommen war. Auch alle übrigen Prinzen und Prinzessinnen waren sehr freundlich und wollen alle nach Tegel kommen. Der König, wie gewöhnlich, sprach nicht mit mir. Der alte Köckritz *), der mich seit der Kata- strophe nicht gesehen hatte, drückte mir die Hand, machte ganz kleine empfindsame Augen und sagte: »Ich sage nichts.« — Ich ant- wortete: »Ich auch nichts, Euer Exzellenz.« — Hernach fragte er mich, ob wirklich alles vorbei sei und äußerte noch einmal, daß es ihm sehr leid sei. Von den Ministern war keiner da, außer Wittgenstein **), der wie immer sehr freundlich tat. Pfuel ***) kam auch hin. Er empfiehlt sich Dir auf das herzlichste. Bernstorff †) ist wirklich krank gewesen. Er wollte aber doch am 24. von Wien abreisen. Sobald nur die ersten acht Tage nach seiner Ankunft vergangen sind, besuche ich ihn in Berlin. Hier regnet es oft, aber sehr kurz und ohne die Luft zu er- kälten. Dann verschönt es nur Tegel. Ich habe es nie in der Tat so in seiner Gloire gesehen. Das Grün ist ordentlich pene- trant vor gesättigter Dunkelheit und glänzend vor Frische. Der Sand bekommt ordentlich Charakter und hält vortrefflich die schmale Mittelbahn zwischen Staub und Kot. Der Himmel heitert sich immer bald wieder auf, und der Wind ist in den hohen Pappeln sehr schön. Neulich bei einem Gewitter hättest Du die von Dir ——— *) Karl Leopold v. Köckeritz, geb. 1744, † 1821, Generaladjutant. **) Wilhelm Fürst zu Sayn-Wittgenstein, geb. 1770, † 1851, Minister des Königl. Hauses. ***) Ernst v. Pfuel, geb. 1780, † 1866. 1831 Gouverneur in Neuchâtel, 1848 Kommandant von Berlin. †) Christian Günther Graf Bernstorff, geb. 1769, † 1835, Minister des Auswärtigen. 11