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[ Band 6 Brief 214: Humboldt an Caroline Fulda, 14. Junius 1819 ]
schon aus Burgörner tun, allein es blieb mir im buchstäblichen Verstande nicht die Zeit dazu. Mit Seeburg ist es in alle Wege nichts. Man kann sich keine weniger freundliche Lage und kein weniger einladendes Äußere denken. Der See ist gar keine hübsche Form, rundherum ist kein Baum zu sehen, und kein anderes Mittel, Schatten zu erhalten, als sich in den seines eigenen Wagens zu setzen. Das Schloß ist wohl altertümlich, aber nicht in der schönen, mehr in der zerrütteten und schmutzigen Art. Der Minister Voß hat das Schloß inwendig ganz ausschneiden und schlagen lassen, so daß es in eine große Höhle verwandelt ist. Seit mehr als 60 Jahren hat kein Besitzer das Gut bewohnt, und wer dies Wagestück jetzt übernimmt, muß gute 25 Jahre warten, ehe er einen angenehmen Wohnsitz hat, und sich diesen noch mit ungeheuren Kosten verschaffen. Für uns ist das also nichts. Da ich Naumburg so nahe war, wollte ich doch auch Ilgens *) besuchen. Er hatte mich schon seit dem Winter ordentlich darum gequält, weil er allerlei Zänkereien mit der Regierung in Merse- burg hat, über die er meinen Rat wünschte. Ich fuhr also am 7. dorthin. Ich kam Ilgens ganz unvermutet, er war in seinen Lehr- stunden, sie im Garten, Du kannst Dir nicht genug ihre Freude vorstellen. Er sieht allerdings sehr verändert aus, und man sieht, daß seine Gesundheit zerrüttet ist, allein so schlimm, als sie ihn mir früher in Briefen gemacht hatte, fand ich ihn nicht. Sie meinte, es wäre die Freude, mich zu sehen, die ihn so erheitert hätte. Alle Haare hat er allerdings verloren, er trägt aber keine Perrücke, sondern eine schwarze Kappe. Dies denke ich auch künftig nach- zuahmen. Noch aber bin ich nicht so weit. Du wirst Dich viel- mehr über den Wald von Haaren wundern. Sie, nämlich die Ilgen, ist ganz unförmlich dick geworden, es läßt kaum eine Be- ——— *) Karl David Ilgen, geb. 1764, † 1834, Philolog und Schulmann, Rektor der Schulpforta. Vgl. Bd. V. 563