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[   Band 6 Brief 213:    Humboldt an Caroline    Erfurt, 6. Junius 1819   ]


213. Humboldt an Caroline                      Erfurt, 6. Junius 1819

Ich bin hier, liebe Li, wohne bei Motz *) in der Statthalterei,
an derselben Seite, wo ich einmal auch beim Koadjutor
wohnte. Man hat aber diesen Teil des Gebäudes, weil
er sehr baufällig war, abgetragen und einen neuen kleineren daran
gebaut, so daß die alte Einteilung der Stuben und die sogenannte
Bildergalerie verschwunden sind.
Ich bin vorgestern, am 4., um 11 Uhr abends ausgefahren
und war heute nacht um 2 in Gotha. Dort schlief ich bis 6 und
kam um 9 an. Ich habe natürlich die ganze Zeit mit Motz zu-
bringen müssen und habe auch den Generalen in der Stadt Be-
suche gemacht und einige neue Militärgebäude besehen. Nun bleibt
mir bis zum Essen nur noch sehr wenig Zeit übrig. Ich bin sehr
gern in Erfurt, es hat das Glück meines Lebens aufblühen sehen.
Von Menschen ist mir nur Siegling **) vorgekommen, der Dich
auch herzlich grüßt und mit mir sehr zufrieden ist, weil ich seinen Sohn
in London sehr gut aufgenommen habe. Gneisenau ist darin sehr
hübsch, daß er nie seine alte Bekanntschaft mit Siegling vergißt.
Er hat ihn aus einige Tage nach Berlin kommen lassen, und
Siegling ist eben gestern zurückgekommen. Gneisenau hat ihm
wörtlich gesagt, daß ich wohl noch würde sehr lange zu warten
haben, ehe ich nach Berlin kommen könnte. Tellement cela parait
établi.
Motz hat mich, wie Du denken kannst, mit der größten Herz-
lichkeit und mit wirklicher Anhänglichkeit empfangen.
Ich bin durch einen Besuch gestört worden und sehe über-
haupt, daß ich hier sehr schwer zu einem ordentlichen Schreiben

———
*) Vgl. S. 51.
**) Joh. Blasius Siegling, Professor der Mathematik an der Universität
Erfurt.

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