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[ Band 6 Brief 145: Humboldt an Caroline Aachen, 10. November 1818 ]
der Viertelstunde, wo ich ihn allein gesehen, ernsthafte und ver- nünftige Fragen über England an mich gemacht. Aber ich weiß doch mit Gewißheit, daß ihm sehr starkes Vorurteil gegen mich bei- gebracht worden ist. Dies ist alles, was ich bis jetzt über meine Lage sagen kann. Stein ist heute nach Frankfurt abgereist. Er ist fortdauernd sehr gut mit mir gewesen. Wie sehr er Dich liebt, und wie viel er auf Dich hält, davon hast Du keine Vorstellung. Er meint, daß ich immer sehr unrecht hätte, wenn ich nicht Deinem Rat un- bedingt folgte. Das habe ich nicht bestritten, aber Du weißt, liebes Herz, daß ich es auch immer tue. Er behauptet gar, Du seist dagegen gewesen, daß ich nach London gegangen sei, und ich wäre Dir nicht gefolgt. Ich hätte schon damals tun sollen, was ich jetzt täte. Ich erinnere mich aber gar nicht, daß Du eine bestimmte Meinung geäußert hast. Dann weißt Du auch, daß ich damals gar nicht so handeln konnte. Selbst meine öffentliche Lage hat sich erst ganz anders gebildet, seitdem der Staatsrat errichtet ist, und in unserer Privatlage waren gleichfalls Hindernisse, wobei ich Dich nur an die Dotation erinnern darf. Mit dieser naht es sich nun sehr der Entscheidung. Motz *) und Kerssenbrock raten beide, Ottmachau anzunehmen, und ich glaube selbst, daß es so kommen wird. In London hat sich ein höchst wunderbares Ereignis zugetragen. Eins der wichtigsten Mitglieder der Opposition, der berühmteste Advokat in London, wo Advokaten ganz etwas anderes als bei uns sind, und einer der angesehensten Männer im Lande, der ver- mutlich Kanzler geworden sein würde, Sir Samuel Romilly **) hat sich mit einem Schermesser entleibt, weil er den Tod seiner Frau nicht überleben wollte. Sie war schon, als ich wegreiste, sehr krank, ——— *) Siehe S. 51. **) Siehe S. 227. 374