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[ Band 6 Brief 93: Humboldt an Caroline London, 16. Junius 1818 ]
Staatskanzler liebt nur zu sehr, Wochen und Monate zwischen sich und demjenigen, was ihm unangenehm ist, zu setzen. Alles kommt darauf an, ob sie mich zur Zusammenkunft rufen. Tun sie dies, so komme ich wohl sicher nicht wieder her. Ich habe dann das Meer einmal hinter mir. Ich vermute, daß ich im Augenblick, wo der Staatskanzler Berlin verlassen wird, über alles, worüber ich jetzt ohne Antwort bin, welche bekommen werde. Es ist das seine Art. Von Frankfurt schreibt man auch schon, daß mir die dortige Stelle angeboten worden ist. Es scheint da auch eine andere Verlegenheit zu entstehen. Goltz *) will nicht bleiben, wenn er nicht 6000 Taler Zulage (zu 21000 Taler) erhält, und diese Summe will man nicht geben. Ich würde also sehr aus der Verlegenheit helfen, wenn ich hinzutreten wollte. Lebzeltern hat in Berlin viele Leute, auch von unserer beson- deren Bekanntschaft, gesehen. Von dem, der auf dem Wege nach Hermann hin wohnt [Hardenberg], versichert er, daß er ihn seit den drei Jahren, wo er ihn nicht gesehen, gänzlich umgeändert, zurückgekommen, geschwächt und unteilnehmend fände. . . . Es ist mir nicht um das Auskommen allein, daß ich Bülow eine Lage im Dienst wünsche. Er wird in einer solchen sich immer seiner Neigung angemessener beschäftigt fühlen, wenn er auch außerdem nicht gerade müßig sein würde. Ich bin, wie es aber auch so natürlich ist, darin allerdings ganz anders. Ich trage eigentlich einen zwiefachen Menschen in mir, einen, der immer von der Welt ab nach der Einsamkeit gerichtet ist, und einen, der sich durch die Umstände und manchmal zu leicht auch durch die Lust, sich in einer Lage zu versuchen, nach der Welt hin- stoßen läßt. Daraus entsteht ein sonderbares Gemisch in mir, das die Menschen allerdings nicht begreifen mögen, das ich auch weit ent- fernt bin, eigentlich und durchaus zu billigen, an das ich aber einmal ——— *) Vgl. S. 197. 223