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[   Band 5 Brief 158:    Caroline an Humboldt     Rom, 16. Juni 1817   ]


bare Ursache haben, warum sie so häßlich, alle nach einem Typus
sind. Der Mund bei allen lächelnd, nach der linken Seite hinauf-
gezogen, also schief, die Augen klein, dreieckt und fatal, der Unter-
kiefer vorgebaut. Die Leiber hingegen sind wunderbar schön, Arme,
Füße, Hände, Rücken, mit einer Kenntnis des schönen menschlichen
Körpers gemacht und vollen detwie das Schönste. Ich habe noch nicht
Zeit gehabt in meinem Homer nachzulesen. Ich bin überzeugt, man
findet die Stelle, denn die Gruppe ist die Anschauung eines Kampfes.
Sonntag morgen war ich in dem Hause auf Trinita, wo
Bartholdy *) das Zimmer al fresco malen läßt, die Geschichte des
Joseph. Ich versichere Dir, daß die Komposition und Ausführung
unseren deutschen Künstlern Ehre macht. Der Karton des einen
Bildes von Cornelius **) wird nach Berlin kommen und ist ganz
vortrefflich. Das letzte Bild von Veit ***) ist auch besser als das
erste, und man sieht, welche Fortschritte ein junger Künstler hier macht.
Von da aus war ich in der Galerie Borghese, die wieder
eingerichtet wird. Ich sah die Grablegung Christi von Rafael.
Man kann nachher wirklich kein anderes Bild sehen. Die Ge-
schichte Rafaels sagt, daß er 21 Jahre alt war, als er dies Bild
malte, und daß er eben kurz aufeinander seinen Vater und seine
Mutter durch den Tod verloren hatte und sehr traurig war. Es
schwebt über dem Bilde eine solche tiefe, obgleich erhabene Trauer,
daß man wie die Seelenstimmung des unsterblichen Künstlers ahndet.
Tausend innige Male umarme ich Dich. Meine Seele lebt
mit Dir, das kann ich wahrhaft sagen. Addio, anima mia!
Ewig Dein.

———
*) Vgl. S. 200. 
**) Peter v. Cornelius, geb. 1783, † 1867.
***) Philipp Veit, geb. 1793, † 1877, Sohn erster Ehe der Dorothea
v. Schlegel, geb. Mendelssohn.

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