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[   Band 5 Brief 87:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 5. März 1816   ]


ler nicht mehr so das Vertrauen des Königs als ehemals habe, daß
Coblenz und Gneisenaus Hauptquartier Wallensteins Lager genannt
werde, usf. Stein und ich haben das System angenommen, da
man vermutlich auch von uns in Berlin spricht, so wenig Prise
als möglich zu geben, uns ganz still zu verhalten, niemand zu
schreiben und uns mit niemand einzulassen.
Du wunderst Dich vielleicht, bestes Kind, daß, da mein Bleiben
in Paris doch immer ungewiß ist, ich Dir so schreibe, alle Sachen
und so viel Bücher hinzuschicken. Allein ich tue es mit Fleiß.
Erstlich bin ich über die Dauer doch ungewiß. Ich kenne die
Lage der Dinge in Berlin so wenig, daß ich es nicht für unmöglich
halte, daß, selbst wenn einmal der Kanzler abginge, ein anderer als
ich auswärtiger Minister in Berlin würde, und ich bin gar nicht
der Neigung, dann disgustiert zu tun und abzugehen. Wenn ich
mich zurückziehe, tue ich es nicht im Boudieren wie Sack jetzt,
sondern ganz frei und de bonne grace. Das liegt in meiner Natur.
Dann, dauert es auch nicht lange, so muß man doch eingerichtet
sein. Vorzüglich aber liegt mir daran, daß man in Berlin mich
wirklich mit Sack und Pack und nicht so bloß auf den Sprung
wegziehen sieht. Die Bücher namentlich sind mir erstlich selbst
angenehm, und ich gebe darin einer eigenen Lust nach, dann machen
sie auch in Frankreich einen guten Eindruck. Man hält einen Ge-
sandten für ruhiger, den man in seiner Bibliothek findet.
. . . Bei der Gelegenheit habe ich einen Brief von Ramdohr
gehabt. Kommt er nach Neapel, wie es hier heißt, so sind er,
Niebuhr, Truchseß *) und Bartholdy **), die Sekretäre abgerechnet,

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*) Friedrich Ludwig Graf Truchseß von Waldburg-Capustigal, geb. 1776,
† 1844. Gemahl der Prinzessin Antoinette von Hohenzollern-Hechingen
(Oberhofmeisterin am Hofe Friedrich Wilhelms III.), Preußischer Gesandter
in Turin und Florenz.
**) Jakob Salomo Bartholdy, geb. 1779, † 1825, war 1815 als preußischer
Generalkonsul nach Rom gekommen.

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