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[ Band 5 Brief 76: Caroline an Humboldt Berlin, 26. Januar 1816 ]
Mitternacht. Heute morgen, nach vielen anderen weniger vornehmen Besuchen, kommt der Fürst Radziwill *), wie ich mir eben den Stuhl zum Schreibtisch anrückte. Inmitten von allem diesem kam der Post- meister Reinecke, ein freundlicher Bote, und brachte mir Deinen lieben Brief vom 19. Januar, Theodors Geburtstag. Ich habe noch keine weitere Nachricht über ihn, und Du kannst denken, wie ich sie erwarte. Du wirst gesehen haben, daß aus vielen Dingen, die man zum 18. angekündigt hatte, nichts geworden ist. So zum Beispiel die Ministerschaft Albrechts **) und Gruners! Dagegen erhält sich das Gerücht, daß Schuckmann sein Ministerium teilen und Altenstein den Kultus und Schulanstalten bekommen soll. Altenstein war gestern in der ersten Hälfte der Soiree bei mir und war eben weggegangen, als Prinz August kam. Er ist ein verständiger, etwas langsamer Mann, mit dem sich die Unterhaltung erst durch die einmal von alters her bestimmten und festgesetzten Formen zu etwas Besserem aufhebt. Die Einrichtungen der Regierungen werden, wie ich für gewiß höre, noch diesen Monat zustande kommen und alle die fremden Oberpräsidenten wieder abziehen. Beyme ***) hatte, wie Du vielleicht weißt, in jener Zeit (ich glaube damals, wo er mit seiner Familie reiste), wo man den Staat für sehr gefährdet hielt, auf seine aus- gesetzte Pension von 4000 Taler Verzicht getan, wenn man ihm auf einmal 16000 Taler bar geben wollte. Dies ist damals ge- schehen, und jetzt weiß ich für gewiß, daß Beyme 6000 Taler mit einem verbindlichen Schreiben bekommen hat, in dem ihm gesagt worden, daß man hoffe, sich seiner Dienste künftig noch zu erfreuen. Alle Menschen glauben, daß man ihn bei den Ständeversammlungen employieren wird. ——— *) Anton Fürst Radziwill, geb. 1775, † 1833, Gemahl der Prinzessin Luise von Preußen. **) Albrecht, preußischer Kabinettsrat. ***) Vgl. S. 170. 175