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[ Band 5 Brief 75: Humboldt an Caroline Frankfurt, 22. Januar 1816 ]
der in unsere Dienste gehen will und ausdrücklich gebeten hat, nur bei mir angestellt zu sein. Er ist, soviel ich jetzt sehen kann, ein sehr guter junger Mensch, hat in Heidelberg studiert und den Krieg von 14 mitgemacht. Wenn ich zu Hause bin, essen immer alle bei mir, und Flemming vorzüglich trägt viel zur Heiterkeit bei. Wir haben hier im Hause einen so schrecklichen Wind. Wenn er stark wird, schwöre ich Dir, ist es so, daß Du die ganze Nacht gewiß kein Auge zutun könntest. Nun haben wir darauf gesonnen, den Wind wenigstens auch zu benutzen, und sind darauf gekommen, Äolsharfen anzulegen. Wir glaubten, der ganze Mohrengarten müßte ein Konzert werden, allein siehe da, der Wind ist da, aber die Töne kommen nicht, und der einzige Ort, wo die Harfe endlich einige kläglich winselnde Laute hervorgebracht hat, ist Flemmings Abtritt. Dies hat denn aber auch Sensation gemacht und ist selbst bis zur Cüstine gedrungen. Verzeih, daß ich mit der Albern- heit schließe, aber Du lachst ja manchmal auch gern. Lebe innigst wohl, mein ewiggeliebtes Wesen. Umarme die Kinder. Ewig Dein H. 76. Caroline an Humboldt Berlin, 26. Januar 1816 Ich weiß nicht, mein geliebtes Herz, ob ich so glücklich sein werde, noch einen Brief an Dich zu vollenden, denn seit gestern waltet wie ein Schicksal über mir, daß, wenn ich mich hinsetze, Dir zu schreiben, dieser oder jener hereinstürzt. Gestern abend wollte ich die Gelegenheit benutzen, Dir durch den Inspektor der Seehandlung zu schreiben, da läßt sich der Prinz August Fer- dinand *) anmelden. Er folgte dem Bedienten auf dem Fuß und scheint sich sehr gut amüsiert zu haben, denn er blieb bis nach 12 Uhr ——— *) Prinz August von Preußen, geb. 1779, † 1843, Sohn des Prinzen Ferdinand, des Bruders Friedrichs des Großen. 174