< zurück Inhalt vor >
[ Band 5 Brief 6: Humboldt an Caroline Paris, 18. Julius 1815 ]
nämlich ein großes Hotel und ein kleines, ganz abgesondertes, worin der Minister Altenstein *) und ich sind. Wir kamen den Abend spät an und begriffen nicht den Unterschied zwischen den beiden Häusern, da die Anweisungen nicht schriftlich und deutlich gegeben waren. Den anderen Tag entstand nun die Frage, ob ich ins große Hotel ziehen wollte. In diesem liegt in der oberen Etage die Frau, eine geborene Leclerc, in Wochen, und die untere Etage ist prächtig meubliert und nie bewohnt gewesen. Sie ließ mich gleich, da ich sie in Erfurt gekannt habe, bescheiden, und bat mich, da das große Appartement durch Bewohner leicht verdorben werden würde, zu bleiben, wo ich sei. Ich wohne gut, sehr an- ständig, in mehr Freiheit als mit ihr unter einem Dach und liebe, wie Du weißt, in diesen Dingen mehr eine einfache Bescheidenheit. Ich bin also im kleinen Hotel geblieben. Sie bearbeitet nun Alten- stein, ihn auch dahin zu bringen. Er hat jedoch, da er gar nicht gut wohnt, sich noch seinen Entschluß vorbehalten. Was mich be- wogen hat, ist, daß, da ich hier bleiben kann und wahrscheinlich bleiben werde **), es lächerlich und nicht einmal recht anständig ist, wenn ich einquartiert, also umsonst, ein königlich möbliertes und nach- her für mein Geld ein viel bürgerlicheres Haus bewohne. Übrigens ist es närrisch genug, daß, nachdem ich in Erfurt Gefälligkeiten für Papa in Absicht der Einquartierung nachgesucht habe ***), ich nun im Fall bin, von Davout selbst um viel größere angegangen zu werden. Die Geschäfte sind mit dem ersten Tage nach unserer Ankunft wieder angegangen. Die Form ist die, daß die Ministerien der vier verbündeten Höfe ein einziges Konseil bilden, das mit dem französischen Ministerium dasjenige abmacht, wobei das letztere ——— *) Karl Freiherr vom Stein zum Altenstein, geb. 1770, † 1840, preußi- scher Minister. **) Als Gesandter. ***) Vgl. Band III, S. 63. 8