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[   Band 5 Brief 6:    Humboldt an Caroline    Paris, 18. Julius 1815   ]


unser Zusammensein würde mich sehr glücklich machen. Die Un-
gewißheit der Dinge und die Unsicherheit der Straßen, die für den
jetzigen Augenblick eine solche Reise freilich noch nicht ratsam machen,
müssen in wenigen Wochen, und früher als Deine und Carolines
Badekur aus sein werden, geendigt sein.
Meine Reise ist viel glücklicher gewesen als ich es mir dachte.
Ich konnte kaum hoffen, den Kanzler anders als in Paris zu finden,
und traf ihn schon in Saarbrücken an. Die Besorgnis, den Partei-
gängern in die Hände zu fallen, hatte ihn dort aufgehalten.
Es war am 12., als wir zusammenstießen, und von da an
blieben wir zusammen! Um Nancy herum war die Gegend außer-
ordentlich unsicher. Dem Kriegsminister Boyen *) ist sein Wagen
genommen worden. Martens **) und ein Leutnant Gerlach saßen
darin, doch hat man diese wieder gehen lassen. Er selbst war glück-
licherweise zufällig zum Prinzen Wilhelm, dem Sohn des Königs,
in den Wagen gestiegen. Ein russischer Oberst nebst vier Soldaten
wurden zur Zeit als wir da reisten, erstochen. Wir hatten meistenteils
Eskorte von Kavallerie, indes manchmal auch nicht, und wir haben
nicht den mindesten Unfall erlebt. Wir hätten sogar zwei Tage
früher ankommen können, wenn dem Kanzler sein Alter alle Nächte
durchzufahren erlaubte.
August habe ich leider hier nicht mehr gefunden. Er ist
mit dem Prinzen der Loire zu marschiert, um die jenseits noch
versammelt stehende Armee zu beobachten. Ich hatte mich so sehr
gefreut, ihn wiederzusehen. Sage aber Adelheid, daß ich von allen,
die ihn ganz kürzlich gesehen, weiß, daß er vollkommen wohl ist.
Ich wohne hier im Hause des Marschalls Davout ***). Er hat

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*) Leopold Hermann Ludwig v. Boyen, geb. 1771, † 1848.
**) Georg Friedrich v. Martens, geb. 1756, † 1821, seit 1814 hanno-
verscher Geheimer Kabinettsrat.
***) Louis Nicolas Davout, Herzog von Auerstädt, geb. 1770, † 1823.

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