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[ Band 5 Brief 6: Humboldt an Caroline Paris, 18. Julius 1815 ]
eintreten muß. Dies Konseil versammelt sich alle Morgen um 11 Uhr. Vor unserer Ankunft haben Gneisenau und Knesebeck *) unsere Stelle darin vertreten. Sie sind auch jetzt noch dabei, und ich habe dem Kanzler sehr geraten, ja zu machen, daß Gneisenau **) dabei bleibt, und auch, wenn es zu wirklichen Friedensunterhandlungen kommt, einer der Bevollmächtigten sei. Er hat Genie und Charakter und kann uns äußerst wichtig sein. Er läßt Dich sehr grüßen und erinnert sich mit großem Vergnügen, Dich in Berlin oft gesehen zu haben. Gestern habe ich mit ihm und dem Kanzler beim alten Blücher in St. Cloud gegessen. Man ist hier immer mit dem umgeben, was sonst Napoleon gehörte. Gneisenau fuhr uns mit den dem Wagen Napolons abgenommenen Pferden hin, bei Blücher aßen wir im Schloß und auf Napoleons vaisselle. Es hat mich sehr gerührt, an der Brücke bei dem Restaurateur vorbeizufahren, wo Du wohntest. Ich bin nach Tisch allein ein wenig in den großen Laubengängen des Gartens herumgegangen, es war sehr schön im Mondschein. Die sehr einfache Art, wie wir damals lebten ***), hat noch jetzt immer einen eigenen Reiz für mich, die Gesinnung wird uns beiden auch immer bleiben, und wir kehrten wahrscheinlich beide wieder gern dahin zurück. Im wesentlichen stehen die Sachen hier ziemlich gut. Du weißt, welche bange Ahndungen ich wegen gewisser immer zu großmütiger Gesinnungen hatte. Aber die Meinung, daß man Schadloshaltung und Sicherheiten haben muß, scheint doch, ob ich es gleich noch ganz nicht beurteilen kann, sehr übereinstimmend. Das ist schon viel, wenn auch noch das einzelne sich erst nachher entwickeln muß. Gegen die Preußen ist viel Neid und daher auch viel Verleum- ——— *) Karl Friedrich v. dem Knesebeck, geb. 1768, † 1848, preußischer Generalfeldmarschall. **) Gneisenau war 1815 Generalstabschef in Blüchers Armee. ***) 1797—1799 und 1800—1801. 9