< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 233:    Humboldt an Caroline    Wien, 17. Januar 1815   ]


König reden kann. Doch ist er bei allen Gelegenheiten sehr
freundlich. Mich jetzt in Berlin zu lassen, wäre nicht allein mir
das liebste, sondern auch das vernünftigste. Als zweiter Kabinetts-
Minister und als Mitglied des Staatsrats könnte ich viel mehr
nutzen als in Paris, wo ich sogar in einer ungünstigen Lage für
das Erfahren und den Einfluß bin, weil man mich nicht liebt. Allein
ich muß dies dem Zufall überlassen; vorschlagen kann ich nichts darin.
Gehst Du wohl in die Singakademie? Die habe selbst ich geliebt.
Schierstedt *) hat vermutlich nun meinen Brief bekommen, aus
dem er gesehen haben wird, daß Du, süßes Herz, ganz die Zügel
des Regiments führst.
Beim Regiment fällt mir ein, daß in Frankfurt eine Schrift
erschienen ist, die ein wenig im Geruch des Revolutionismus steht,
in der geradezu gesagt wird, warum man mich und Steinen (alles mit
Namen) nicht zu Souveränen macht! Es würde dann viel besser gehen.
Arnsteins **) haben wieder Wachsfiguren gegeben. Ich bin nicht
dagewesen. Ich arbeite aus allen Kräften daran, den Juden alle
bürgerlichen Rechte zu geben, damit man nicht mehr aus Generosität
in die Judenhäuser zu gehen braucht. Sie lieben mich aber auch
gar nicht. . . .


234. Caroline an Humboldt  Berlin, 21. Januar 1815

Vorgestern abend hatte ich einen sehr hübschen Tee, die
Gräfin Voß, Gneisenau, Nicolovius, Burgsdorff, Rauch,
der Geheime Medizinalrat ***) und der Obristleutnant
v. Schütz. Gneisenau war ungemein aufgelegt und sprach auf eine

———
*) Verwandter der Frau v. Humboldt.
**) Vgl. S. 430.
***) Kohlrausch.

                                                                       458