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[ Band 4 Brief 223: Caroline an Humboldt Berlin, 14. Dezember 1814 ]
das Prinzessin Radziwill *) dem Kaiser geben will. Was es eigent- lich ist, habe ich nicht begriffen, Kaiser und Könige der Vorzeit kommen darinnen vor, Prinzen und Prinzessinnen, und die schönsten Berliner Damen figurieren darin. Der Dreißigjährige Krieg wird mit angedeutet, mit einem Wort, es ist ein Sammelsurium von der andern Welt. Auch die vier verschiedenen Arten der Poesie werden personifiziert vorgestellt, und Prinzeß Luise tribuliert mich so um unsere Adelheid, die das Heldengedicht vorstellen soll, daß ich mich habe ergeben müssen. Ich wollte es ablehnen, da sie kon- firmiert werden soll, allein da sie in dieser Rolle kein Ballett zu tanzen hat, so gelang mir auch das nicht, und ich hätte geradezu grob sein müssen, es abzuschlagen. Die kleine Adel meinte: »Ob wohl Hedemann das billigen wird, daß ich in dieser Quadrille mit erscheine?« Ich war über die Frage mehr frappiert, als ich ihr merken ließ, denn offenbar zeugt sie doch von einer sonderbaren Ideenfolge und Präokkupation. Ich glaube, die lieben Leute kommunizieren durch die Luft und auf eine Unsichtbare Weise miteinander. Horche doch einmal bei ihm zu, ob es ihm Freude macht, daß sie so produziert wird, oder ob er sie lieber so ganz allein für sich hübsch fände. Ich vermute das letzte. Außerordentlich hübsch ist Adelchen, wenn sie nur ein wenig geputzt ist. Gestern sah ich Gneisenau bei Prinzeß Luise. Der konnte sich über die Adel gar nicht trösten, daß dies dasselbe Kind sei, das er in Wien gesehen hätte. Er war sehr artig mit mir und wird zu mir kommen. Er scheint sehr gut von allem unterrichtet und hält die Möglichkeit des Friedens höchstens für drei Jahre denkbar und meint, daß Rußland wegen Polen mit Österreich zuerst drankommt. Mein Gott, gib doch nicht zu, daß Frankfurt bayerisch wird. Es ist so eine namhafte Stadt, dies Frankfurt, wo die deutschen ——— *) Vgl. S. 14. 440