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[ Band 4 Brief 70: Humboldt an Caroline Komotau, 11. Oktober 1813 ]
glücklich und wird einen ungeheuer großen Eindruck in Deutschland machen. Solltest du aber glauben, daß der König von Württemberg vermutlich auf die erste Nachricht der Unterhandlungen Bayerns mit Österreich seinen Gesandten von München in einem Augenblick zurückberufen hat, wo der französische noch da war, und daß er 6000 Mann, die sonst unter Wrede standen, nunmehr gleich zur Verstärkung Augereaus *) abgeschickt hat? Ist es möglich, sich eine schändlichere und erbärmlichere Aufführung zu denken? Im Grunde aber ist sie sehr gut für uns, weil man nun eine Regierung, die nie irgendein Gewicht in die Wagschale legen kann, nicht mehr zu schonen braucht. Ich schicke Dir hier zwei Gedichte von Max v. Schenkendorf **), demselben, an den die Inlage ist, und von dem ich Dir manchmal erzählte. Das zweite ***) ist meines Bedünkens eines der schönsten, die in deutscher Sprache existieren, und echt poetisch in Gedanken und Ausdruck. Es hat freilich einige Härten und nachlässige Reime, aber es tut einem selbst das darin wohl, einem äußeren Schmuck nicht die innere Kraft und den inneren Schwung aufge- opfert zu sehen. Ich kriegte heute früh dies Lied von Schenkendorf zugeschickt, als ich eben mit Binder †) zusammen war, und obgleich ich es gegen ihn, wie ich gegen Menschen, von denen ich nicht glaube recht in einer Sache gefaßt zu werden, immer tue, gar nicht sehr lobte, war er so entzückt davon, daß er es gleich Metternich gab und sogar darauf drang, der Kaiser müsse dem Verfasser eine Belohnung dafür geben. Dies geht nun offenbar nicht an, weil er ja sonst ausspräche, wieder Kaiser werden zu wollen. Aber auch Metternich ist voller Enthusiasmus für das Gedicht, und der Effekt, ——— *) Marschall von Frankreich, geb. 1757, † 1816. **) geb. 1783, † 1817. ***) »Die Preußen an der kaiserlichen Grenze.« August 1813. †) Vgl. S. 62. 137