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[   Band 4 Brief 62:    Humboldt an Caroline    Teplitz, 17. September 1813   ]


gefehlt hat. In dieser Rücksicht wäre der Erzherzog Carl *) un-
entbehrlich gewesen. In der Tat haben sich in der Schlacht bei
Dresden, die kaum eine Schlacht war, vier Regimenter durch die
Albernheit eines Generals Meszko fangen lassen. Auch steht in einem
der jetzt aufgefangenen Briefe: »les Autrichiens sont de bonnes gens,
ils se laissent prendre facilement«. Schwarzenberg selbst hat aller-
dings nicht die gehörige Lebendigkeit und keine wahre Feldherrneigen-
schaft, aber er besitzt doch auch gute Seiten und würde immer mehr tun
als jetzt, wenn er gehörig allein wäre und nicht durch Ratschläge
verwirrt gemacht würde. Dabei darf er vor Duca **) nicht handeln,
wie er will. Radetzky ***) ist eigentlich sehr wenig und läßt seine
Pläne von Langenau machen, der sie freilich wohl entwirft, aber
nicht selbst mitsprechen darf, also oft kontrekariert wird, und weil
er dies weiß, sich schon im voraus akkommodiert. Doch ist jetzt ein
ganz guter Plan von ihm angenommen worden. Von uns spricht
meist Knesebeck †) mit den seichtesten und fatalsten Ideen, glücklicher-
weise aber so seicht und elend, daß er darum weniger Eingang
findet. Grolman, der nur eine Viertelstunde von hier verwundet
liegt, wird eigentlich nur von mir zu Rate gezogen. Neulich aber
habe ich dem König den neuen bei den Österreichern entworfenen
Plan, den ich Mittel gefunden hatte zu lesen, in einem eigenen Bericht
detailliert, hernach Grolman darüber gefragt, der manche Ver-
besserungen beibrachte, und diese dem König in einem zweiten Be-

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*) Geb. 1771, † 1847, jüngerer Bruder Kaiser Franz’ I., ausgezeichneter
Feldherr, nach einem Zerwürfnis mit dem Kaiser infolge der Schlacht bei
Wagram 1809 aus dem Heere ausgeschieden.
**) Duca und Langenau, »zwei Theoretiker aus Lloyds behutsam
methodischer Kriegsschule« [Treitschke], die den Ausschlag im Kriegsrat
Schwarzenbergs gaben.
***) Graf Radetzky, geb. 1766, † 1858, war 1813 zum Chef des General-
quartiermeisterstabes ernannt und Stabschef Schwarzenbergs.
†) Vgl. S. 30.

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