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[   Band 4 Brief 62:    Humboldt an Caroline    Teplitz, 17. September 1813   ]


61. Humboldt an Caroline       [Teplitz], 16. September 1813

Theodor ist sehr vergnügt und scheut die Strapazen nicht.
Theodor Körners Tod weiß er. Ich habe es ihm gesagt.
Es hat ihn sehr geschmerzt, aber einen tiefen Eindruck
macht der Tod nicht leicht auf sein Alter und in dieser Lage, wo
er eine alltägliche Begebenheit ist. Auch mir tut Körners Tod
unendlich leid, doch kann ich nicht bereuen, daß er in den Krieg
gegangen ist, obgleich Metternich neulich sehr mit mir darüber ge-
stritten hat. Ein eigentlich vollendetes Talent würde ich immer
zurückhalten, bei einem solchen ist die Natur nicht mehr in einem
Schwanken, sie hat ihre Entscheidung genommen, der Anteil am
tätigen Leben kann da dem Talent wenig oder nichts mehr geben,
er steht abgesondert als bloße Erfüllung einer Bürgerpflicht da.
Aber wo das letzte Gleichgewicht noch nicht erreicht ist, verliert
auch das Talent, wo der Mensch hintansetzt, was ihm eigentlich
als Menschen gebührt, und mehr als in irgendeinem war das in
Körner der Fall. Aber die Eltern und vor allem die Mutter
schmerzen mich unglaublich. Ich weiß nicht, wie sie es ertragen
wird. . . .


62. Humboldt an Caroline             Teplitz, 17. September 1813

Ich habe gestern, liebe Li, den Tag mit einem Briefe an
Dich beschlossen und fange ihn heute wieder mit einem
an. Ich wünschte nämlich die Gelegenheit wahrzunehmen,
die mir Stadions *) Abreise darbietet, Dir einige heimlichere Dinge
zu schreiben, denn auf Stadions Ehrlichkeit kann man sich verlassen.
Du hast, teures Kind, in meinen gewöhnlichen Briefen nur

———
*) Vgl. S. 22.

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