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[ Band 4 Brief 39: Caroline an Humboldt [Wien], den 28. Julius 1813 ]
vernünftiger vor, meinen Feind außer meinen Grenzen aufzusuchen, als monatelang auf der Lauer zu stehen, wo er mich überfallen wird. Die kleine Levi will, wie ich höre, in Prag die Auflösung der Dinge abwarten. Sie soll sehr herunter an ihrer Gesundheit sein. Wie mir im übrigen ist, kannst Du wohl denken, mein teures Leben, da Du mich kennst und weißt, daß das Leben mich über die höchsten und unveräußerlichsten Güter der Menschheit nur reger, nur tieffühlender gemacht hat. Der ersten Jugend verarge ich weniger den Leichtsinn über diese Dinge. Sie kann wähnen und sich mit Illusionen und Gaukelbildern erfreuen. Aber bei wem der Wende- punkt des Lebens eingetreten ist, und dem da das Heilige nicht heilig, das Ernste nicht ernst ist, den kann ich nur tief bemitleiden. Ich fürchte, ein solcher Zeitpunkt ist eingetreten für den armen Gentz. Ich umarme Dich, meine Seele, mit inniger Liebe und kann Dir recht aus dem Herzen sagen, daß jeder Tag zu meiner stillen, tiefen Liebe zu Dir zulegt. Gott segne Dich mit glücklichem und schönem Erfolg! 40. Humboldt an Caroline Prag, 25. Julius 1813 Narbonne *) hat gestern mir und Anstett Visite gemacht. Wir haben ihn nicht annehmen können, haben aber die Visite gestern erwidert. In der Sache ist man damit um nichts weiter. Vielmehr schien es gestern früh auf einmal, als stände der Wiederausbruch der Feindseligkeiten plötzlich bevor. Es waren in den Verhandlungen über die Verlängerung des Waffenstill- standes in [?] plötzlich Schwierigkeiten entstanden. Die Franzosen hatten nämlich verlangt, daß einer ihrer Offiziere sollte den Waffen- stillstand in den Festungen anzeigen können, und der Kaiser Alexander ——— *) Vgl. S. 52. 73