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[   Band 3 Brief 217:    Humboldt an Caroline    Berlin, 7. August 1810   ]


mir ist gar nicht, als würde ich je hierher zurückkommen. Und
wirklich, selig, die da glauben, wie es hier ennuyant ist, ohne es
zu sehen. Denn es übertrifft jede Beschreibung. Müßtest Du
Dich so wie ich noch heute und gleich morgen wieder am Ferdinand-
schen *) Hofe zu Mittag herumtreiben, arme Seele, Du verkämest
vor Ennui. Ich habe darin mehr Übung erlangt und es fast
dahin gebracht, mich gar nicht mehr, wo es auch sei, zu ennuyieren.
Lebwohl, innigstgeliebtes Herz.


218. Caroline an Humboldt                   Rom, 8. August 1810

Ich bin in der lieben Erwartung, gestern Briefe von Dir
zu bekommen, getäuscht worden, mein teuerster Wilhelm.
Außer der süßen Freude, von Dir und Theodor zu hören,
hätte ich es sehnlich gewünscht, um Nachricht von — dem Leben?
vielleicht dem Tode der Königin zu bekommen. Ich sage vielleicht,
obgleich ich es eigentlich nicht sollte. Die Nachricht über München
ist aus dem Ministerium, und es ist beinah nicht zu vermuten, daß
sie falsch sein könnte. Indes erwähnt der Moniteur bis zum
30. Julius nichts, und redet nur ein Blatt vom 29. von der Gefahr,
die vorüber sei, und einer Unpäßlichkeit des Königs. Sollte man
den 29. und 30. nicht das am 19. erfolgte Ableben der Königin
gewußt haben? Ich begreife es nicht.
Meine liebe, liebe Seele, dies sind wieder die Tage, die unser
Leben zuerst die tiefsten Schmerzen kennen machten. O, daß man
alles, alles erfahren haben muß, um es zu begreifen, daß das Un-
wiederbringliche einem erst fühlbar wird, wenn man das Geliebteste
verloren hat. Der Schmerz hat gewiß etwas Heiliges, weh dem,

———
*) Vgl. S. 81.

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