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[ Band 3 Brief 212: Humboldt an Caroline Berlin, 24. Julius 1810 ]
hat. Auch in der Nacht zum Todestage, dem Donnerstag, ist es ebenso geblieben. Sie hat sich von Heim, der die Nacht wachte, viele Details von seiner Familie erzählen lassen. Doch ist der Puls immer von Stunde zu Stunde schneller, kleiner und bedenklicher geworden. Heim war zweimal während der Krankheit dort. Bei seinem ersten Weggehn hatte die Kranke nur 95 Pulsschläge, bei seiner Rückkunft 120, und das ist bis zu 160 gestiegen. Die große Betrübnis des Königs, der drei Stunden vor ihrem Tode ankam, hat sie zuerst ängstlich gemacht, doch ist auch das wieder übergegangen. Noch fünf Minuten vor ihrem Tode hat sie Heimen gefragt, ob Gefahr sei. Er hat es verneint. Aber wenig Augen- blicke darauf ist ein starker Krampf gekommen, und sie hat gesagt: »Gott, wie kannst du mich so verlassen?« und da es zugenommen: »Mach es kurz.« Das sind ihre letzten Worte gewesen. Der König hat sie im Sterben bei einer, die Prinzessin Solms *) bei der anderen Hand gehalten, und Frau von Berg **) hat ihren Kopf unterstützt. Der König soll unendlich gerührt sein, man hat ihm allerlei Aufenthalte und Reisen vorgeschlagen. Er hat aber gesagt, er wolle nach Charlottenburg gehen, wo er zuletzt mit ihr gewesen sei und die Kinder nahe habe. Er ist, wie man sagt, ziemlich ge- faßt, wenn Leute da sind, geht aber oft in seine Stube, um allein zu weinen. Die beiden Tage, die er noch nach ihrem Tode in Hohen-Zieritz zugebracht hat, ist die ganze Familie fast nicht aus dem Zimmer, wo die Tote stand, gekommen. Sie haben fort- gefahren, darin zu leben. Freitag, den 27., wird die Leiche hergebracht. Wir gehen ihr alle bis zum Tor entgegen und begleiten sie in die Stadt. Am 31. wird sie im Dom beigesetzt. Bis zum 31. wird sie im Schloß in den Zimmern des vorigen Königs ausgestellt. Im Dom soll sie ——— *) Schwester der Königin, vgl. S. 251. — **) Vgl. S. 106. 442