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[ Band 3 Brief 203: Humboldt an Caroline Berlin, 30. Junius 1810 ]
Diner war wirklich sehr schön, da ich Gefrorenes und alle mögliche Pracht hatte. Aber Mühe hat es mich viel gekostet, alles instand zu setzen, da ich zu solchen Dingen gar wenig Geschick und jetzt nur einen einzigen konfusen Bedienten habe. Es ging indes alles ganz gut. Die Prinzessin kam ungefähr um 1 Uhr, brachte aber zum Essen nur die beiden ältesten Prinzen mit, die sich mit Theodor und Hellmuth sehr gut amüsierten. Wir gingen dann bis zum Essen spazieren. Das Mittagessen wäre etwas langweilig gewesen, da Prinz August, der Bruder der Prinzessin, auch da war, mit dem wir alle weniger bekannt sind. Aber die Kinder kamen zu Hilfe. Die Prinzessin hatte nämlich die Jüngsten, die eine Tochter, den kleinen Boguslav und die beiden natürlichen Kinder *) des Prinzen Louis, die sie erzieht, zu Hause essen und nachkommen lassen. Die brachten wir herauf, und so wurde alles besser. Der Boguslav ist wirklich ein himmlischer Junge und streckt gleich beide Arme aus, wenn er mich sieht. Er fängt jetzt an zu sprechen und sagt meinen Namen sehr drollig. Er hat mir immer eine noch tiefere Sehnsucht nach Hermann eingeflößt. Theodorn hat die Prinzessin außer- ordentlich schön gefunden. Sie hat mehrere Male angefangen, davon zu reden, und geradezu gesagt, daß er der Schönste der Gesellschaft wäre. Doch ist ihr ältester Sohn auch wirklich schön und hat den Ruf, es zu sein. Den Abend tranken wir auf dem Lusthause Tee und gingen erst nach 9 Uhr auseinander. Tegel ist wirklich für die hiesige schreckliche Gegend jetzt sehr hübsch. Es ist mir sehr lächer- lich, daß mich die Menschen hier jetzt oft glücklich preisen, daß ich um Berlin den hübschesten Landsitz und in der Stadt den schönsten Garten habe. Wie gern vertauschte ich diese beiden Prachtstücke mit der einzigen Aussicht auf das Bäckerdach in dem verschmähten ——— *) Vgl. S. 81. 425