< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 3 Brief 187:    Humboldt an Caroline    Berlin, 19. Mai 1810   ]


hübsch, daß nun vier unserer Kinder im Frühling geboren sind,
und lebte der liebe Wilhelm noch, so wären es fünf. Diese Tage
der Freude und der Angst, denn sorgenvoll bleiben sie doch immer,
erfüllen die Seele immer mit eigenen und tiefen Empfindungen.
Jetzt, da die Mädchen größer werden, tritt auch ihr künftiges
Schicksal näher, und das Schicksal eines Mädchens ist immer viel
mißlicher noch, als das eines Mannes. Ein Mann kann das seine
schnell umwenden, was ein Mädchen einmal geknüpft hat, löst sich
nie wieder ganz ungestraft.
Lebe innigst wohl. Ewig Dein H.


188. Caroline an Humboldt                    Rom, 16. Mai 1810

Allerteuerstes, liebstes Herz!
Gestern ist Madame Brun *) mit Ida von Neapel angekommen
und schickt sich nun auch zur Abreise. Sie möchte es
wohl so einrichten, einen Teil der Rückreise mich in den
Hauptorten, wo sie durchkommt, immer wieder zu treffen, aber ich
zweifle, daß es sich so arrangiert.
Heute ist Carolinens Geburtstag und mir bleibt für ewig der
Tag merkwürdig und unvergeßlich, der im weiblichen Gemüt alles
Tiefste der Schmerzen und der Lust erschließt.
Der heutige Posttag aus Deutschland hat mir wieder nichts
gebracht, und sehnsuchtsvoll sehe ich der Lösung Deiner Verhält-
nisse entgegen. Auf jeden Fall ist es immer besser, daß der
schwankende Zustand endige, in dem Du noch immer warst. Bleibst
Du jetzt im Dienst, so ist zu glauben, daß, wenn nicht die Haupt-
fundamente brechen, Du wenigstens drei bis vier Jahre in Deinen

———
*) Vgl. S. 92.

                                                                       395