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[   Band 3 Brief 159:    Humboldt an Caroline    Berlin, 27. Januar 1810   ]


mit Dir und den Kleinen zu leben. Bist Du erst hier, gehe ich
noch weniger aus, und für das Liebste findet man immer Zeit.
Lebe wohl, mein holdes einziges Wesen. Es ist über 1 Uhr
und ich bin müde. Morgen gehe ich mit Hufeland *) in die Charité.
Hufeland ist nämlich Staatsrat unter mir. Man muß gestehen,
daß man nie so alles Reine und Unreine unter einem Menschen
versammelt hat, als unter mir, da ich zugleich die Kirchen, Schulen,
Theater und Hospitäler habe.
Addio anima mia!


160. Caroline an Humboldt                      Rom, 31. Januar 1810

Mein teures Herz!
Ich habe Deinen Brief aus Erfurt vom 7. dieses Monats
bekommen und eile, Dir meinen innigsten Dank dafür
zu sagen. Du schreibst mir nichts vom Ministerwerden,
ich halte also die Nachricht des Moniteur vom 23. Dezember für
ganz falsch. Aber wie wird es werden? Du fragst mich, und ich
gebe Dir die Frage zurück. So viel ich einsehe, kann ich nur
das tun, hier nichts so aufzugeben oder zu verkaufen oder zu zer-
stören, daß, wenn Du Deinen Abschied nehmen müßtest, es Dich
hinderte herzukommen. In zwei bis drei Monaten kann sich noch
viel machen, und du hältst mich au courant..
Ganz von heiler Haut Deinen Abschied nehmen jetzt, liebes
Herz, da der König Dir Zutrauen bezeugt, und die Lage der Sache
so ist, daß man Dich unstreitig braucht, kann ich umso weniger raten,
als wir eben diese Erbschaft gemacht haben. Die Menschen
würden glauben, Du habest nur aus Not gedient und so im Augen-
blick zu gehen, schiene mir einen Schatten auf Deinen Charakter

———
*) Vgl. S. 171.

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