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[ Band 3 Brief 159: Humboldt an Caroline Berlin, 27. Januar 1810 ]
so lieb. Aber ich war Dir auch sehr gut und sehr uneigennützig gut. Denn ich glaubte gewiß, daß Du einmal Carl *) heiraten würdest. Ich werde doch die Verbindung immer lieb haben. Sie hat meine Gefühle offenbar gehoben und gereinigt und mich doch eigentlich nicht beschränkt. Mit vollkommener Freiheit, selbst darüber in mir manchmal zu spotten, blieb mir doch das Gute und wirklich Tiefe darin gleich heilig, und es ist immer die erste Veranlassung ge- wesen, in der sich etwas besseres in mir selbst erschlossen hat. Nur freilich wurde ich den Schwestern **) gleich sehr untreu, als ich Dich kennen lernte. In den großen Dingen hier ist ziemlich alles beim alten, und ich glaube nicht, daß eine Ministerveränderung oder Vermehrung für jetzt vor sich gehn wird. Meine Lage bleibt daher gleich un- gewiß, da ich doch nie glaube, daß sich Dohna ewig hält, und ich dann, wenn ich nicht selbst Minister würde, bestimmt ginge. Aber, liebe Seele, jetzt den Abschied nehmen, tue ich gewiß nicht. Verlaß Dich darauf. Dein neulicher Brief hat mich darin vollkommen fest gemacht. Ich bleibe jetzt, solange Dohna bleibt. Ewig wird es nicht dauern, dann können wir nach Rom zurück. Im Dienst gibt es freilich viel Unannehmlichkeiten, allein ich nehme sie, mehr wie irgendeiner, mit lachendem Mut, und durchzusetzen, was ich mir vorgenommen habe, macht mir auch Freude. Innerlich lebe ich freilich in etwas anderem, Besserem und mir mehr Eigenem, aber mein Leben und Weben ist doch jetzt das, und so verstreicht das Leben, es bleibt vielleicht auch etwas Nützliches nach einem zurück, obgleich ich darauf nicht viel halte, und man kann ja immer, wenn man ein paar Jahre so gelebt hat, sich besinnen und in Einsamkeit zurückkehren. Fürchte auch nicht, daß ich nicht Zeit finden werde, ——— *) Vgl. Bd. I, Einleitung. **) Henriette Herz und Dorothea Veit geb. Mendelssohn. »Schwestern« im Sinne der Verbindung. 328