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[ Band 3 Brief 79: Humboldt an Caroline Königsberg, 30. Mai 1809 ]
wo auch eine solche Komödie gegeben wurde, hat sich die Prinzeß Wilhelm, wie ich ihr gleich anmerkte, über mein Amüsement daran höchlich gewundert. Sie hat hernach gesagt, sie hätte es für Schmeichelei gegen die Königin gehalten, aber dann wohl gemerkt, daß es aufrichtig gemeint sei. Wenn sie aber auch diesen Umfang des Geschmacks und der Empfänglichkeit nicht hat, ist sie doch eine sehr treffliche Person. Nur sehr schade ist’s, daß man sie gar nicht, aber auch gar nicht als bei solchen Gelegenheiten sieht. Die cour- artige Lebensart ist hier durchgehends sehr beliebt. Hufeland *) hat seit einiger Zeit wieder, was Du doch Kohl- rauschen erzählen mußt, hier magnetisiert, ordentlich nach Mes- merscher Art, und erzählte mir neulich einen Fall, der, wenn er wahr ist, sehr merkwürdig wäre. . . . Es ist wunderbar, wie ordentlich jetzt die Zeit kommt, wo man zu allen den verborgenen und mystischen Dingen, die man in der eben vorhergehenden Periode verachtete und lächerlich machte, zu- rückkehrt. Was immer für das Zurückkehren ein ganz gutes Vor- urteil erregt, ist, daß wirklich jene Periode des klaren und reinen, gar nicht tiefen Verstandes in vieler Rücksicht tadelnswürdig war und großenteils den Grund zur jetzigen Schwäche gelegt hat. Freilich kann es mit der Mystik auch leicht zu weit gehen, aber das beweist eigentlich, daß in ihr mehr Wahrheit liegt. Das wahrhaft Rechte in allen Dingen liegt immer tief, ist nicht so leicht und klar zu demonstrieren, und wird eigentlich nur durch die echte und reine Stimmung des ganzen Gemüts gefunden, so wie nur aus einem rein gestimmten Instrument ein reiner Ton hervorgeht. Aber meine Zeit ist vergangen, liebe Seele. Mit inniger und herzlicher Liebe ewig Dein H. ——— *) Angesehener Mediziner. 171