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[ Band 3 Brief 153: Humboldt an Caroline Erfurt, 7. Januar 1810 ]
gibt es nicht auf Erden. Caroline ist aber auf eine sehr eigene und doch liebenswürdige und gar nicht das Gefühl beleidigende Art das gerade Gegenteil. Sie lebt mehr in der Phantasie als dem Gefühl, die Eindrücke verklingen eher, sie ist eines tiefen Schmerzes nur momentan fähig. Man kann ihr um dieses allen willen nicht übelwollen. Es ist unglaublich, wie sehr ich immer denselben Unterschied, den ich schon bei meiner ersten Bekanntschaft unter Euch fand, noch jetzt bestätigt sehe. Du wirst immer unglaublich mehr, ja mehr sein, als sie nur fassen und begreifen kann. Denn daß Du bei dieser himmlischen Treue, bei diesem einfachen Beschränken auf den häuslichen Kreis, bei dieser Liebe und dieser Lust an dein Be- schäftigen mit den Kleinen, ja an ihrem Warten und Stillen die unbeschränkteste Ansicht, den höchsten und freiesten Schwung des Geistes und der Phantasie, ja die vollkommene Freiheit des Herzens bewahrest, das muß ihr verborgen oder wenigstens die Möglichkeit davon muß ihr rätselhaft bleiben. Wie sie ist, ist sie sehr eigen, allein das Höchste, was man bei einer Frau empfindet, gibt sie nicht. Sehr gerührt hat mich wieder in einem Deiner letzten Briefe, daß Du sogar in Königsberg mit mir wohnen wolltest. Du himmlisch gutes, geliebtes Wesen! Ich werde es der Motherby *) schreiben; es kränkte sie manchmal, selbst für den Ort, an dem sie nun einmal immer lebt, wenn ich sagte, daß ich Dir nie zumuten würde, dahin zu kommen, sondern eher meinen Abschied nähme. Ich habe Briefe von ihrem Mann und ihr in Weimar gefunden. Sie tut mir leid, sie hat mein Weggehen sehr gefühlt. Es geht mir sehr eigen, daß ich jetzt immer mit Frauen umgehe, die mir von ihren Neigungen sprechen. Du siehst, liebes Kind, daß wir einmal bestimmt sind, alles von den Menschen zu erfahren. ——— *) Vgl. S. 239. 311