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[ Band 3 Brief 153: Humboldt an Caroline Erfurt, 7. Januar 1810 ]
Goethen wohnte, um 8 Uhr zu Carolinen ging, da bis 11 Uhr blieb, dann meist mit Goethen spazieren ging und bei ihm bis 5 Uhr blieb, dann wieder bei Carolinen Tee trank und mit Goethe meinen Tag endete. Caroline ist unendlich lieb und gut und vertraulich mit mir gewesen. Es hat sie wirklich tief geschmerzt, daß ich schon so bald Weimar verlassen mußte. Die Arme ist verliebt, und das sehr heftig. Der Geliebte ist aber viel jünger als sie. Er soll sehr hübsch und sehr geistreich sein und, wie sich von selbst versteht, sehr verliebt. Er singt auch hübsch zur Gitarre. Sie hat sehr hübsche Verse an ihn gemacht. Es ist mir sehr merkwürdig ge- wesen, sie in dieser Stimmung zu sehen, sie ist noch sehr wie ehe- mals und oft sehr heftig von Sehnsucht bewegt. Auch spricht sich dies Gefühl noch immer in ihr mit großer Natürlichkeit und Zartheit zugleich aus. Ich habe sie sehr ermahnt, nur nicht wieder zu heiraten, und sie hat es heilig versprochen. Es wäre wirklich auch eine große Torheit. Du glaubst nicht, oder es wird Dir nun fremd geworden sein, wie naiv man über alle diese Dinge mit ihr sprechen kann. So habe ich ihr geradezu gesagt, daß ich sie für sehr fähig hielte, gleich wieder unbeständig zu sein und einen anderen zu lieben, und sie hat es selbst eingestanden und mir er- zählt, daß auch der Geliebte das meint. Es ist eigentlich wohl wahr, daß die Liebe nicht von der Willkür abhängen kann, noch muß, es ist sogar das Schönste an ihr, wenn man, indem man sich immerfort geliebt fühlt, klar und tief weiß, daß der geliebte Gegenstand, wenn er einen ihm mehr geeigneten fände, ihn frei und ungehindert lieben würde; aber es gibt denn doch so treue und sichere Gemüter, daß sich — möchte ich sagen — die Liebe nur dann in ihnen klar und stark ausspricht, wenn sie durch eine eigene Art wunderbarer Inspiration gewiß sind, ihrem Charakter getreu bleiben zu können. So bist Du recht, mein einzig teures Herz, etwas Treueres und Unwandelbareres als Dich 310