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[ Band 3 Brief 153: Humboldt an Caroline Erfurt, 7. Januar 1810 ]
Da Caroline und ich wieder so fast alle Menschen, mit denen wir gelebt haben, durchgegangen sind, so haben wir gefunden, daß wir unsern Kindern ein Manuskript über das innere Sein der wichtigsten hinterlassen sollten. Das Werk soll den Namen: Ge- stalten bekommen, und wir wollen sehen, ob wir schon jetzt daran arbeiten können. Du solltest auch daran denken, liebe Li. Weder Carolinens noch meine Schilderungen würden so das Vertrauen der Wahrheit einflößen. Du siehst so rein und stellst wieder so natürlich dar. Man brauchte sehr oft nur Deine Briefe abzu- schreiben. Über Schiller hat mich Caroline wirklich sehr angeregt, etwas und für den Druck zu machen. Es soll sein Nachlaß, Pläne und Szenen von Stücken herausgegeben werden, und Caroline wünschte, daß auf dem Titel Goethe, ich und Körner als Herausgeber ge- nannt würden. Dann sollte jeder auch etwas über ihn sagen. Da wir sehr verschiedene Naturen sind und Schillern auch ganz ver- schieden gesehen und gekannt haben, so war die Idee wirklich hübsch. Aber Goethe scheint keine Lust zu haben. Er hält es überhaupt für sehr schwierig, was es freilich auch ist, und will es ganz auf mich schieben. Ich werde sehen, ob ich etwas zustande bringe. In Berlin scheinen schon mit dem neuen Jahr die Krisen an- gegangen zu sein, was mir lieb ist, weil sich so unser Schicksal eher entscheiden kann. Nicolovius *), der mir sehr zugetan ist, schreibt mir unterm 2. Januar: »Ich erwarte Sie mit ungeduldiger Sehn- sucht und mit einiger Ängstlichkeit über die Gesinnung, die Sie mitbringen werden. Man will Sie zum Minister des Innern und diesen **) zum geistlichen Minister machen. Ich habe guten Grund, Sie zu bitten, dies nicht für leeres Geschwätz zu halten. Mir ist in mehr als einer Beziehung dabei schwül zumute. ——— *) Vgl. S. 145. — **) Graf Dohna. 312