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[   Band 3 Brief 114:    Humboldt an Caroline    Königsberg, 19. September 1809   ]


Es gibt hier eine kleine Frau *), die eine solche Passion auf die
Zeichnung der Adelheid und Gabrielle hat, daß sie mich sehr
dringend gebeten hat, sie ihr zu lassen, wenn ich nach Litauen
reise. Ich glaube aber nicht, daß ich’s tue. Lebe wohl, mein
einzig treues Wesen! Ewig Dein    H.

115. Humboldt an Caroline          Königsberg, 22. September 1809

Ich habe gestern keinen Brief von Dir gehabt, liebe Li,
und könnte mich beinah ängstigen. Es gehen hier Gerüchte,
daß ein großes Erdbeben in Italien gewesen sei. . . .
Aber Rom steht sehr fest, und ich fürchte eigentlich nichts. Es ist
so oft gekommen, daß ich die beiden Briefe, die Du mir so gut
alle Woche schreibst, auf einmal erhalten habe. Aber sehr lieb ist
es mir doch heute, da ich morgen nacht nach Litauen reise und
mir nun Dein nächster Brief erst in fünf bis sechs Tagen in Memel
zukommen kann. Wie lange ich genau bleiben werde, weiß ich noch
nicht. Allein über zehn Tage ist es nicht mein Plan. Zurück
komme ich über Pillau, und dahin wird mir ein Herr von Hede-
mann **), ein junger Offizier, entgegenkommen, der Adjutant bei Prinz
Wilhelm ***) ist, den Alexander in Paris sehr auszeichnete, und der
auch Dir sehr gefallen wird, wenn wir je in Deutschland thronen.
Er ist mir außerordentlich gut und, obgleich 25 Jahr alt, so eine
unschuldige und in sich reine Natur, daß man ihn sich, wie mir vor-
kommt, immer zum Sohn oder Schwiegersohn wünschen muß.
Dabei ist er hübsch und lebhaft und hat natürlichen Verstand.

———
*) Johanna Motherby, geb. 1783, † 1842.
**) August v. Hedemann, wurde 1815 der Gatte von Humboldts zweiter
Tochter Adelheid.
***) Vgl. S. 135.

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