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[ Band 3 Brief 121: Humboldt an Caroline Königsberg, 10. Oktober 1809 ]
was ich seit meiner Abreise von Dir erlebt habe. Aber wie eisig, wie traurig, wie dürftig ist dieser Meeresstrand und selbst dies Meer. Es gibt auch hier echte Strandsteine, und die Prinzessinnen haben sich Perlen zu Halsbändern davon schleifen lassen. Aber wie selten, wie wenige; von dem ganzen bunten, muschelvollen Strande des Mittelmeers nicht die mindeste Spur. Ich habe mich totgesucht nach einer kleinen Muschel, wie Caroline eine zum Ohr- ring hat, aber umsonst. Immer dasselbe einförmige Exemplar einer ganz glatten, kalkartigen, elenden Muschel, und die noch meist zer- brochen. Nur die Wellen sind hier schön, die von der Fremde herkommen und nun anstürmen und wieder zurückdonnern. An dieser Küste findet man auch den meisten Bernstein, den schönsten in der Erde. Aber den meisten bringt die See. Männer gehen hinein und fischen mit Netzen das Seekraut. An diesem hängt er noch weich und verhärtet in der Luft. Wie er entsteht, weiß niemand. Adieu, einzig teueres Herz! H. Weißt Du wohl, liebe Li, daß es in fünf Tagen ein Jahr ist, daß ich Rom verließ? Ach! die Nacht hat oft noch etwas besonders Schreckliches für mich. 122. Caroline an Humboldt Rom, 11. Oktober 1809 Ich antworte Dir schon heute, mein geliebtes, teures Herz, weil ich mir vorgenommen, mit den Kindern und Rauch morgen nach Fraskati zu fahren. Ich lasse dann die beiden kleinen Mädchen mit Rauch im Wirtshause, sie können sich mit Spazierengehn in den Villen ergötzen und ich gehe mit Caroline und dem inseparablen Hermann hinauf nach der Rufsinella und besuche Lucians *). ——— *) Lucian Bonaparte, vgl. S. 125. 256