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[   Band 3 Brief 121:    Humboldt an Caroline    Königsberg, 10. Oktober 1809   ]


wütet, und den an der andern eine ruhige große Wasserfläche, das
Haff, bespült. Die ödesten Sandhügel, die schrecklichsten traurigsten
Kiefern, die ganze Stunden lang, so weit man sehen kann, bloß
aus dem Sande, ohne einen einzigen Grashalm emporwachsen, und
nur oben durch die Luft zu leben scheinen, eine Stille und Leere
selbst von Vögeln auf dem Lande, die dem Brausen des Meeres
nichts zu übertäuben gibt, nur einzelne große Möven, die am Ufer
hinschweben. Dann auf einmal, aber freilich selten, eine ordent-
liche Oase (wie auch in den Landes von Bayonne, wenn Du Dich
erinnerst), hübsche Wiesen, gute Weide, schöne Bäume, ein freund-
liches Dorf.
So fuhr ich fast 24 Stunden lang, einen Tag und eine
mondhelle Nacht, immer mit einem Rade im Wasser. Die See
war sehr bewegt, ohne eigentlich zu stürmen. Manchmal ist sie
so schlimm, daß neulich die Wellen das Verdeck der Chaise eines
Reisenden weggerissen haben. Von der Nehrung reiste ich weiter
der Küste nach bis Pillau. Hier sind die Ufer hoch und das Land
innerhalb freundlich und fruchtbar, die grünen Wiesen gehen bis
an die Küste an einigen, doch wenigen Stellen. Aber viel Dörfer,
Hügel, die man hier schon Berge nennt, und einzelne Baumgruppen,
auch einige große und schöne Waldungen von Eichen und Buchen,
Nadelholz fast gar nicht. Ich blieb eine Nacht gerade an der
Ecke der Küste in Dierschkeim, wo auf einer Art Vorgebirge eine
Leuchte für die Seefahrenden ist, um die Klippen zu vermeiden.
Ich ging noch die Nacht allein an den Meeresstrand. Es war
schrecklich stürmisch, aber der Mond kam unterbrochen zwischen den
schwarzen Wolken hervor. Ich habe bis nach Mitternacht da ge-
standen. Es war ein sehr großes Schauspiel. Wie innig habe
ich da Deiner gedacht, holde teure Seele. Wie mich gesehnt durch
die empörte Flut hindurch an die Küste hin, wo ich mit Dir war.
Ich werde die Nacht nie vergessen, sie ist das Größeste und Schönste,

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