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[   Band 3 Brief 116:    Caroline an Humboldt     Albano, 22. September 1809   ]


mit Moses gesprochen habe. Ich habe nicht leicht etwas Schöneres
gesehen.
Der Papst ist in Grenoble so geehrt worden, daß das Volk
die Pflastersteine auf der Straße ausgerissen, über die er gegangen,
und als Reliquie weggetragen hat, ebenso die Meubles seines
Apartements. Jetzt lebt er still in Savonne. Es scheint wohl, daß
der päpstliche Stuhl bestimmt ist, künftig in Rom zu bleiben, man
kann nicht wissen, wie die Dinge kommen, das Leben ist lang und
die Lebensverhältnisse ändern sich schnell, wer weiß, ob wir selbst
nicht noch einmal zurückkommen.
Alles, was Du mir von den neuen Einrichtungen in Berlin
schreibst, ist schön und wird mir rührend dadurch, daß Du Dich
darum bekümmerst. Alles, was Du unternimmst und gewöhnlich
dann auch durchsetzest, ist zweckmäßig, einfach und immer schön
und rein gedacht. Arbeite mir nur nicht zu viel, ich bitte Dich
inständig, daß Du mir nicht blasser aussiehest, wenn ich Dich
wiedersehe.
Du schreibst mir so lieb und gut, gütig über mein Zurück-
kommen oder Bleiben, daß es mich sehr tief gerührt hat. Nein,
mein teures Herz, ich werde kommen und werde wieder mit Dir
und Theodor leben. Ich werde auch jetzt nicht über Paris gehen,
so sehr es mich freuen würde, meinen alten, teuren Schlabrendorff *)
wiederzusehen. Aber mit der Zeit, wenn Du es erlaubst und die
Umstände es gestatten, machte ich noch recht gern eine Reise nach
Paris. Von uns ist es ja sehr nah.
Mein Herz, ich umarme Dich und bin ewig Deine C.

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*) Graf Gustav Schlabrendorff, geb. 1750, † 1824. Bd. II. S. 74.

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