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[ Band 3 Brief 117: Humboldt an Caroline Gumbinnen, 27. September 1809 ]
117. Humboldt an Caroline Gumbinnen, 27. September 1809 Ich bin unendlich geplagt mit Geschäften, liebste Li, und werde heute Dir nur wenig Zeilen sagen können. Menschen sprechen, in Gesellschaft gehen, die Schulen besuchen, Akten lesen und eigene Aufsätze machen, alles geht dermaßen in einem Strich fort, daß mir sehr wenig Zeit bleibt. . . . Es ist ziemlich gutes Wetter, aber schon eine furchtbare Kälte. In Königsberg heizte ich schon seit einigen Tagen ein, allein hier sind die Ofen noch nicht instand gesetzt. Das Land ist einförmig, indes doch mitunter hübsch, und interessant bleibt immer die Nationaleigentümlichkeit, die aber hier noch nicht recht angeht. Ich bin am 23. nachts von Königsberg mit meinem Sekretär und einem Bedienten abgereist und am Abend des 24. in Insterburg angekommen. Da bin ich bis zum 25. mittags geblieben und am Abend war ich hier. Ich bleibe nun bis zum 29. morgens hier, weil hier die Regierung ist. Der Präsident ist der Geheime Staats- rat v. Schoen *), der beste Kopf unter den Geheimen Staatsräten, der aber seinen Abschied aus dem Grunde genommen hat, der, wie ich Dir neulich schrieb, auch mich wegtreiben könnte, und den man hat ruhig gehen lassen, als hätte man der Menschen überall genug. Er macht mir den Aufenthalt hier sehr interessant. Ich gehe nun über Tilsit nach Memel, dann über die öde Nehrung zwischen dem Haff und dem Meer nach Pillau und Königsberg zurück. Von der russischen Grenze her machen jetzt manchmal einzelne Tataren, die da in Garnison stehen, Einfälle in unser Land. Aber Reisenden essen sie höchstens die Pferde auf, denen sie sehr nachstellen. Sie haben — ich sah welche in Königs- ——— *) Heinrich Theodor v. Schoen, geb. 1773, † 1856, war 1809 Regierungs- präsident in Gumbinnen, später Oberpräsident von Preußen und Staats- minister. 244