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[   Band 3 Brief 110:    Humboldt an Caroline    Königsberg, 5. September 1809   ]


natürlichste auf Erden. Das schon Ausgebildete senkt sich von
selbst wieder. Aber von seiten des Glücks und der Reinheit ist
es doch fast umgekehrt. Das Leben hat noch nichts entweiht,
es ist noch keine Art des innern Todes, wie im Erwachsenen so
oft, auch nicht in der flüchtigsten und zartesten Empfindungsart
dem wirklichen vorausgegangen. Alles ist noch frisch, noch empor-
strebend, und was dem Naturgange nach gewaltsam ist, erscheint
in einer andern Ansicht ein wohltätiges Entnehmen aus einem
Zustand, der notwendig trennen und zerstören muß, was so ganz
und unversehrt da liegt.
Am 1. September haben wir beim König ganz im Freien
gegen den Abend gegessen. Der König ließ mich rufen, um mit
zum Tee aufs Land zu fahren. Es war niemand da als er, die
Königin, der Prinz George *), Schmalensee, die Hofdamen und
Schilden **), zufälligerweise war in dem Hause, wo wir hinfuhren,
Himmel ***), und er hat uns auf mein Anregen den Butzemann
und den Bettelvogt singen müssen. Ich hatte sie seit Rom nicht
gehört, und kann Dir nicht sagen, wie sie mich dahin versetzt haben.
Den Abend behielt mich der König zum Essen. Es wurden auch
Gespenstergeschichten erzählt, einige sehr prächtige. Ich habe mit
der alten schwedischen Gräfin und ihren sechs schwarzen Hengsten,
und einigen anderen Geschichten, die ich in Rudolstadt gelernt,
viel Effekt gemacht.
Apropos! Die Königin hat so eine Antipathie gegen die
Magerkeit. Sie will sogar das Bier darum verteidigen. Aber ich
habe mich sehr deutlich erklärt, daß das eine ganz unvornehme,
hassenswürdige Sache ist. . . .

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*) Vgl. S. 106.
**) Vgl. S. 200.
***) Friedrich Heinrich Himmel, Klavierspieler und Komponist.

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