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[   Band 3 Brief 103:    Humboldt an Caroline    Königsberg, den 8. August 1809   ]


wolltest, wie voller Entbehrung ein Leben ohne Dich für mich auch
ist, ich zürnte Dir gewiß nicht und suchte Dir gewiß Dein Leben
da so schön und leicht als nur möglich zu machen. Wirklich
kommt’s mir oft und ganz im Ernst vor, als sei es schöner, dort
an seine Lieben zu denken, als sie hier zu besitzen. Wie kannst Du
aber sagen, holdes Kind, ich sei mehr wert, als Du, in Italien
zu sein? Nicht bloß, daß die Natur eines Mannes schon immer
an sich härter ist und jedem auch widrigen Eindruck besser wider-
steht, so bist Du auch unendlich empfänglicher für jedes Schöne
und Große. Man nimmt Dich aus Deinem eigentlichen Element,
wenn man Dich Rom entreißt, und glaube mir, darum hat mein
Mitleid mit Deinem Herkommen eine viel größere Tiefe, als bloß,
in dem Mitgefühle entbehrter Freuden liegt.
. . . Görcke *) hat mich verlassen und seinen Zopf abgeschnitten.
Wenn man sagt »der Mann mit dem Zopf« oder meinen Namen
nennt, so ist das wirklich hier ganz einerlei. Ich bin jetzt einzig.
So tief ist man hier gesunken. In Berlin steht es noch viel
besser, obgleich das Häuflein auch sehr klein ist. Ich habe den
Tag allerdings bestimmt, aber nur nach Begebenheiten, also
δεῶν ἐν ζούνασι κεῖται **).
. . . Deine Theorie von Kranksein als einer Art Beschäftigung,
ist göttlich, aber es ist nicht zu leugnen, daß sie wahr ist. Auch
die bloß körperliche Natur des Menschen hat einen Sinn, der
rege und zart ist, aber dessen Regsamkeit und Zartheit von der
Kraft des durchdringenden Geistes abhängt. Irgend größere
Menschen werden wirklich selten von Krankheit in etwas Wichtigem
gestört, die andern nur hängen darin vom Zufall ab. Es wäre
wunderbar, daraus eine Art Theorie zu machen, allein wahr bleibt

———
*) Vgl. S. 160.
**) liegt im Schoße der Götter.

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