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[ Band 3 Brief 103: Humboldt an Caroline Königsberg, den 8. August 1809 ]
die Sache doch ewig, und praktisch läßt sie sich mannigfaltig üben. Selbst gemeinere Menschen erfahren sie. So ist es eine Tatsache, daß während der Zeit der ärgsten Einquartierung in Berlin auch kränkliche Frauen frisch und gesund waren, und die Ärzte haben in dieser Epoche doppelt verloren. Auf jeden Fall muß man gestehen, daß eine solche Gesundheitsursache nicht liebenswürdig ist. Die Kinderpassion hat mich sehr amüsiert. Armes, gutes Herz, der Mühe und Beschwerden ungeachtet willst Du den kleinen, lieben Wesen Dasein und Nahrung geben. Aber wahr ist es, und auch ein sehr tiefes Gefühl in mir. Das aufblühende Leben ist so schön, daß das Hinabsteigende willig und von selbst zurücktritt. Schonung und Genuß der Jugend ist für mich immer ein natürlicheres Gefühl gewesen, als Schonung und Genuß des Alters, und — so widersprechend das auch der gemeinen Meinung ist — scheint es gar nicht widrig, daß sich auf dies mehr als auf jene, Sorge und selbst eine gewisse Art Mühe häufe. Die gewöhn- lichen Begriffe gehen von gar nicht edlen Ansichten von Arbeit und Ruhe aus, verwechseln Muße und Müßiggang, und heben sich nie dahin, an schönem und edlem Genuß seine Kraft weihen zu können. Wird aber Schönheit des Daseins in den Mittelpunkt gestellt, fühlt man, wie sie in jeder Lebensepoche eine andere Gestalt empfängt, wie die Jugend vorzüglich zur reinen Entwickelung der Leichtigkeit und Heiterkeit des Daseins bedarf, dagegen Duldsamkeit und Arbeitsamkeit und gerade indem sie den Höhern und Bessern wohltätig werden, wachsen mit zunehmender Reife, so gewinnt alles ein anderes Ansehen, und alle so verschiedenartigen Gefühle wirken harmonischer und vollständiger ineinander. H. 213