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[ Band 3 Brief 102: Caroline an Humboldt Albano, 5. August 1809 ]
Oehlenschläger *) war einige Tage hier und denkt auf seine Rückreise in den Norden. Er war viel bei mir, eine wunderbare Natur, doch zum großen und unendlichen Dichter zu sehr mit dem Tand und Glanz und Zufälligen der Welt beschäftigt. Hübsch im Äußeren, besonders sein schönes Auge, im übrigen eine Mischung von wirklich Edlem und Eitelem, ein jüdischer Zug um den Mund und ein verdächtiger Gang. Er hat hier in Italien eine Tragödie, »Coreggios Tod«, gemacht, er las mir sie gestern vor, und man muß gestehen, es ist viel Schönes, viel Tief- empfundenes, viel Geoffenbartes, möcht’ ich sagen, darin über eine Künstlernatur. Aber auch viel Grelles und unglücklich Nordisches vermischt mit italischen Lebenstönen und Himmel. Ein wunder- schönes Elfenlied mit eingeflochten, aber ganz nordisch. Es tut mir aber immer doch sehr leid, ihn zu verlieren, ich möchte, Du kenntest ihn. Adieu, mein teures und bestes Wesen. Ewig mit innigster Liebe Dein. 103. Humboldt an Caroline Königsberg, den 8. August 1809 Es scheint, als wenn der Hof nach Berlin gehen wollte, ich wünsche es von Herzen. Dann wird der Winter vollends entscheiden, wie mein Schicksal sich machen wird, und im Frühjahr kannst Du alsdann zu mir zurückkommen. . . . Glaub aber, teures Herz, wenn Du auch länger in Italien bleiben ——— *) Oehlenschläger, Adam Gottlob, geb. 1779, † 1850, dänischer Dichter, hauptsächlich nationaler Tragödien. 211